Feindesliste

■ Antifaschistische Gruppen sollen sich als „Vaterlandsverräter“ solidarisieren

Eigentlich ist es eine Ehre, sagt Matthias Heyl. Wenn Rechtsextremisten die „Forschungs- und Arbeitsstelle Erziehung nach/über Auschwitz (FAS)“ als „Vaterlandsverräter“ bezeichnen, dann „regt unser Engagement offenbar die Szene auf, das ist kein schlechtes Zeichen“.

Dennoch hat der Historiker und Erziehungswissenschafltler darauf reagiert, dass die von ihm geleitete und in Hamburg ansässige Forschungsstelle auf einer rechten Internetseite angeprangert wurde: Er fordert Personen und Initiativen auf, sich auf der Website der FAS mit dieser unter dem Motto „Auch wir sind Feinde Eures Reiches“ zu solidarisieren. Vier Organisationen würden bereits mitmachen, beispielsweise die „Forschungsstelle für Holocaustliteratur“. Zahlreiche andere, sagt Heyl, prüfen derzeit noch, ob auch sie sich auf die Website der FAS stellen.

29 deutsche Websites waren auf einer mit „Neo Germania“ überschriebenen rechten Internetseite des kalifornischen Servers „free-net.org“ als „Feinde des Reiches“ bezeichnet worden. Neben den aufgelisteten antifaschistischen Organisationen wurden auch die Domaininhaber, die die Websites angemeldet haben, mit ihrer Postanschrift genannt – und mit ihren Privatadressen, soweit die Internetseiten auf Privatpersonen eingetragen waren. Die Angaben, so Heyl, hatten die RechtsextremistInnen offenbar den Datenbanken der Vergabestelle für Webadressen mit der Endung „.de“ entnommen. Diese Datenbank ist im Internet frei zugänglich.

Nach zahlreichen Protesten gegen die rechte Internetseite wurde diese mittlerweile vom Server gelöscht. Doch niemand wisse, wer zuvor bereits die Aufforderung über der Liste gelesen hatte: „Werdet kreativ.“ Die dort namentlich genannten AntifaschistInnen warten laut Heyl nun „auf die ersten Ergebnisse dieser Kreativität“.

Der Leiter der FAS sagt, dass die Verfasser solcher Listen einschüchtern wollten und mit diesem Ziel keinen Erfolg haben dürften. Wichtig sei aber, sich persönlich vor Bedrohung und Übergriffen zu schützen. Sein Tipp: Wer eine antifaschistische Website einrichten will, sollte diese nicht unter seiner Privatadresse, sondern auf den Namen einer Organisation anmelden.

Elke Spanner