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: Geldzelt für Deutschland, Wohlfühlwährung für Europa, Flaschendrehen für das Glück

Der Frühling ist da, der Euro zeltet

Hans Eichel war fast ausgelassen. Keine Frage: Die Freude auf die neue Währung tut dem Mann richtig gut. Als er gestern im Europäischen Haus am Brandenburger Tor gemeinsam mit Bundesbankpräsident Ernst Welteke und der Präsidentin des Europaparlaments Nicole Fontaine das neue Euro-Zelt vorstellte, herrschte gute Stimmung im Raum. Man konnte den Finanzminister mit Madame Fontaine am Tisch zwischendurch sogar Mineralwasserflaschen drehen sehen.

Umso enttäuschter waren die zahlreich angereisten Pressevertreter dann, als er das schöne neue Zelt, das Unter den Linden aufgestellt worden war und das in den letzten 263 Tagen bis zur Euro-Einführung durch hundert Städte Deutschlands touren wird, gar nicht beachtete. Keine Zeit für ein kurzes Gespräch mit den graupelzigen, riesennasigen Euromäusen, die vor dem Geldzelt in bester Frühlingslaune herumliefen, um die Bevölkerung schon mal an das neue Geld zu gewöhnen; kein kleiner Versuch an der Eurowurfmaschine, bei der man nach jedem Treffer mit goldenen Schoko-Euromünzen beworfen wird; keine Teilnahme am Riesen-Europuzzle, bei dem man sich seine Zukunftsgeldscheine selbst zusammensetzen kann; und schon gar keine Teilnahme am Euro-Einführungstest per Euro-Touchscreen. Eichel winkt ab. Der Mann zeltet nicht.

Stattdessen predigt er wohl gelaunt von Stabilität, von Sicherheit, von gutem, gutem Geld: „Lassen Sie sich gesagt sein: Alles, was geregelt werden muss, ist geregelt. Niemand muss sich Sorgen machen.“ Bis hin zu Fahrberechtigungsscheinen für Geldtransporter in Fußgängerzonen hat Eichel alles im Griff. Und auch gegenüber Finanzspekulationen „oder was es an den internationalen Finanzmärkten da noch alles geben mag“, ist der Euro gegenüber der D-Mark ein echter Fortschritt. Erklärt er und lässt uns mit seinem Zelt allein.

Ängstliche Bürger stellen sich zunächst noch nicht ein. Der Bundesbankexperte vor Ort weiß nicht mal, wie lange das Zelt hier so stehen wird, und fünf Kamerateams interviewen sich gegenseitig, in Ermangelung echter Euro-Rat-Sucher und lassen sich von der Wurfmaschine mit Schoko-Euros bewerfen. Das eifrige Sat.1-Team interviewt die Euro-Maus mit der pfiffigen Frage: „Warum haben die Kinder denn solche Angst vor dem Euro?“ Worauf die Geldmaus schweigt und ausgelassen tanzt und auf die Frühlingssonne deutet. Der Euro wird eine Wohlfühlwährung.

VOLKER WEIDERMANN