rath und tat
: Die Love-Parade-Veranstalter verzichten auf einen Rechtsstreit. Aus gutem Grund. Ein Prozess hätte wenig Aussicht auf Erfolg

Der schlaue Tänzer tanzt auch später

Die Love Parade gibt nach. Zwar soll der Berliner Techno-Umzug wie geplant am 14. Juli stattfinden, doch haben sich die Veranstalter nun eine neue Route durch den Tiergarten überlegt. Die Love Parade würde demnach wie gewohnt vom Ernst-Reuter-Platz zur Siegessäule führen, dann aber Richtung Süden zur Urania abbiegen. Damit wäre zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule Platz für die zuerst angemeldete Gegendemonstration „Rettet den Großen Tiergarten“. Innensenator Eckart Werthebach (CDU) prüft nun die neuen Pläne. Er hatte vor einer Woche die Love Parade wegen Terminkollision verboten.

Von einer Klage gegen das Verbot war gestern nicht mehr die Rede. Paradensprecher Enric Nitzsche gab sogar an, dass bei einer erneuten Ablehnung durch die Stadt eine Verschiebung des Events auf den 21. Juli erwogen wird. Die Veranstalter schätzen damit ihre juristischen Chancen recht realistisch ein.

Das Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ ist im Versammlungsgesetz zwar nicht ausdrücklich erwähnt, wird aber in der Regel praktiziert. Behörden und Gerichte können allenfalls versuchen, durch Auflagen einen Ausgleich zwischen kollidierenden Interessen zu suchen. Dabei wäre aber zu berücksichtigen, welche Bedeutung Ort und Termin für das inhaltliche Anliegen einer Versammlung jeweils haben.

So kann eine 1.-Mai-Demonstration nicht eine Woche später stattfinden, und Anti-Atom-Demonstranten wollen zumindest in der Nähe des kritisierten Meilers demonstrieren. Für die Naturschützer wären auch solche Kriterien ein klarer Pluspunkt. Da sie den Tiergarten retten wollen, liegt eine Demonstration rund um die Siegessäule nahe. Dagegen kann für Aussagen wie „One World, One Love Parade“, so das Motto im letzten Jahr, wohl auch an anderen Orten glaubhaft demonstriert werden.

Dies zeigt schon ein Blick in die Geschichte der Love Parade. Als das Spektakel 1989 unter dem Motto „Friede, Freude, Eierkuchen“ begann, waren weder das zweite Juli-Wochenende noch der Tiergarten gebucht. Bis 1996 marschierte die Techno-Gemeinde auf dem Kurfürstendamm. Und ein Jahr zuvor hatte man sogar den Termin der Parade neu justiert. Für das erste Juli-Wochenende hatten sich neben der Love Parade nämlich auch die Homosexuellen mit dem Christopher Street Day für den Ku'damm angemeldet. Auch damals zeigte sich die Love Parade flexibel.

CHRISTIAN RATH