Kriegsverbrechen lohnt doch

Verurteilter „Mörder von Oradour“ muss bis 1998 bezogene Opferrente nicht erstatten. Erst seitdem sieht Bundesversorgungsgesetz Entzug wegen Unwürdigkeit vor

POTSDAM dpa ■ Der als Kriegsverbrecher verurteilte Heinz Barth muss seine Opferrente endgültig nicht zurückzahlen. Das entsprechende Urteil des Potsdamer Sozialgerichts vom Juni 2000 sei jetzt rechtskräftig, sagte der Gerichtssprecher gestern. Danach muss Barth aber gemäß der Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) vom März 1998 ab diesem Zeitpunkt auf eine Kriegsopferrente verzichten. Beide Parteien zogen ihre Berufungen zurück.

Der einstige SS-Obersturmführer Barth war 1983 wegen der Beteiligung am Massenmord im französischen Oradour während des Zweiten Weltkriegs vom Ost-Berliner Stadtgericht zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Am 10. Juni 1944 hatte die Waffen-SS in dem Dorf 642 Menschen ermordet. Gut zwei Wochen nach dem Oradour-Massaker wurde Barth schwer verwundet. Er verlor ein Bein, eine Schulter blieb steif. Barth ist seit 1997 auf Bewährung frei.

Noch aus der Haft heraus hatte der „Mörder von Oradour“ eine Kriegsopferrente beantragt, die ihm das Landesversorgungsamt vom 1. 1. 1991 an zunächst unter Vorbehalt gewährte. Im März 1996 wurde sie ihm wieder entzogen, da Barth laut Amt als verurteilter Kriegsverbrecher ihrer unwürdig war. Das Amt räumte zwar ein, dass das BVG nicht den Leistungsausschluss wegen Unwürdigkeit vorsieht. In diesem Fall müsse aber das Kriegsfolgenentschädigungsgesetz mit der entsprechenden Handhabe angewandt werden.

Dieser Begründung folgte das Potsdamer Sozialgericht nicht. Für den Entzug der Opferrente habe das Amt bis März 1998 keine Rechtsgrundlage gehabt. Eine analoge Anwendung anderer Gesetze sei rechtswidrig. Der ergänzte BVG-Paragraf 1a biete erst seit 1. März 1998 die Möglichkeit, Leistungen bei schweren Verbrechen gegen die Menschlichkeit und rechtsstaatliche Grundsätze zu entziehen.