Deutschland einwanderbar

SPD will Einwanderungsgesetz beschleunigen. Süssmuth-Kommission schlägt Einwanderung von jährlich bis zu 40.000 Menschen vor. Ein Punktesystem soll die Qualifikation bewerten

BERLIN taz ■ In die Zuwanderungsdebatte kommt Bewegung. Noch vor der Sommerpause wollen SPD und Grüne eine gemeinsame Haltung zur Zuwanderung erarbeiten und im Herbst mit der Arbeit an einem Gesetzentwurf beginnen. Das hat am Wochenende der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, auf einer lokalen SPD-Tagung in Berlin angekündigt. Zugleich bot er für seine Partei der Union Gespräche über die Zuwanderungsregelung „im Konsens“ an. Man werde sich aber auch nicht davon „abhängig machen“, so der SPD-Politiker.

Unterdessen wurde am Wochenende der vorläufige Bericht der von Bundesinnenminister Otto Schily eingesetzten Zuwanderungskommission bekannt. Dieser sollte eigentlich erst am 4. Juli von der Kommissionvorsitzenden Rita Süssmuth (CDU) vorgestellt werden. Darin schlägt die Kommission vor, jährlich bis zu 20.000 qualifizierten Zuwanderern eine dauerhafte Arbeitserlaubnis zu geben. Die aktuelle Nachfrage sollte in diesem Segment „grundsätzlich nicht berücksichtigt werden“. Zusätzlich empfiehlt die Kommission, weiteren 20.000 qualifizierten Arbeitnehmern als „Engpassarbeitskräfte“ bei nachweisbarem Mangel auf dem Arbeitsmarkt eine befristete Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Neben Pilotverfahren, in denen die Möglichkeiten der Anwerbung erprobt werden sollen, möchte die Kommission nach Angaben des Spiegels auch wesentliche Vereinfachungen für ausländische Akademiker. Grundlage für eine künftige Zuwanderung soll aus Sicht der Kommission ein Punktekatalog sein, der sich unter anderem an Kriterien wie Ausbildung, Berufserfahrung und Sprachkenntnissen misst. Bewerber sollten zudem nicht älter als 45 und gesundheitlich geeignet sein.

Ungelöst lässt der Kommissionsbericht die von den Grünen gewünschte Einbeziehung der nichtstaatlichen und geschlechtsspezifischen Verfolgung ins Asylrecht. Personen aus dieser Gruppe seien zwar schutzwürdig, über eine Anerkennung als Asylgrund habe die Kommission aber „keine Einigung“ erzielen können. Auch der SPD-Innenexperte Wiefelspütz warnte in Berlin davor, sich mit diesem Thema vor der Bundestagswahl 2002 zu befassen. Es sei zu leicht instrumentalisierbar. Für die Bundestagsfraktion der Grünen lobte gestern deren innenpolitischer Sprecher Cem Özdemir die Vorlage der Kommission. Sie sei „eine hervorragende Arbeitsgrundlage“ und sollte nicht zerredet werden.

Heute Abend will die rot-grüne Koalitionsrunde mit Kanzler Gerhard Schröder in Berlin Eckpunkte einer Zuwanderungsregelung und einen Zeitplan für ein Gesetzesvorhaben besprechen. Detailregelungen würden noch nicht erwartet, hieß es gestern aus Koalitionskreisen. SEVERIN WEILAND

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