Grüne kennen nur noch Kinder

Eine Gruppe von Bundes- und Landespolitikern der Grünen legt ein Papier zur Kinder- und Familienpolitik vor. Flügelübergreifend wird jede Sparte der Politik von Umwelt bis Soziales mit kinderfreundlichem Blick betrachtet. Fazit: Was den Kleinen nutzt, ist sowieso grün

BERLIN taz ■ Eine Gruppe zum Teil hochrangiger Bundes- und Landespolitiker vom linken und realpolitischen Flügel der Grünen verlangt eine grundsätzliche Wende in der Familienpolitik.

Die Gesellschaft müsse „Kinderfreundlichkeit zu ihrem zentralen Ziel erklären“, heißt es in einem internen Diskussionspapier, das der taz vorliegt und von der parlamentarischen Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt, dem Parteilinken und Bundestagsabgeordneten Christian Simmert und zehn weiteren – meist jüngeren – Mitstreitern erarbeitet wurde. Unter anderem werden darin neue, flexiblere Modelle der Teilzeitarbeit und Elternzeit verlangt. Um diese Ziele zu erreichen, sei eine „moderne Unternehmens- und Gewerkschaftspolitik“ gefragt. „Nicht ein überkommenes, konservatives Familienbild von Haus und Herd für die Frauen“ ist „Maßstab unserer Politik“, schreiben die Autoren, zu denen auch die parlamentarischen Staatssekretäre Matthias Berninger (Agrar), Simone Probst (Umwelt) und der schleswig-holsteinische Umweltminister Klaus Müller gehören. Familien seien „zuerst Verantwortungsgemeinschaften“. Dazu zählten neben allein Erziehenden und Mutter-Vater-Kinder-Familien auch „Patchwork-Familien, in denen Kinder aus unterschiedlichen Beziehungen leben“, und homosexuelle Partnerschaften, „in denen Kinder erzogen werden“.

Mit einer Reihe konkreter Maßnahmen sollen Familien künftig entlastet werden: etwa durch kostenlosen Besuch von Kindertagesstätten und Ganztagsschulen und die Gratisbeförderung von Kindern in öffentlichen Verkehrsmitteln. Zugleich wollen die Autoren die Einführung einer Kindergrundsicherung, die für jene gelten soll, die „nur wegen der Geburt eines Kindes in die Sozialhilfe fallen würden“. Neben dem bisherigen Kindergeld (künftig 300 Mark pro Monat und Kind) sollen in solchen Fällen zusätzlich 200 Mark pro Kind und Monat gezahlt werden. Davon könnten nach Berechnung der Autoren rund 4,9 Millionen Kinder profitieren.

Im steuerrechtlichen Teil greifen die Autoren eine bereits bekannte Position der Grünen auf und verlangen die Abschaffung des Ehegattensplittings. Stattdessen solle ein Realsplitting eingeführt werden, um „Kinder und nicht den Trauschein zu fördern“. Im ökologischen Bereich sprechen sie sich für moderne Technologien aus. Dazu zählten Systeme erneuerbarer Energien, aber auch Transportsysteme, die „Mobilität statt Stau ermöglichen“. Zudem wollen die Autoren die „Voraussetzung dafür schaffen, dass ausreichend Nahrungsmittel aus kontrolliert biologischem Anbau für Familien erschwinglich sind“.

Generell verlangen sie, Kinder und Jugendliche schon bei Planungsprozessen mit einzubeziehen. Bei allen sie betreffenden Weichenstellungen sollten sie in „kindgerechter Weise beteiligt und angehört werden“.

SEVERIN WEILAND

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