Nachhaltig ist in

Wie plant man Explosionen? In Schanghai treffen sich die Stadtplaner zu ihrem ersten internationalen Kongress

Stadtplaner sind Kummer gewöhnt. „Immer wenn ich mir besondere Mühe gebe und Grünflächen einplane, kommt ein Großinvestor und stellt einen Wolkenkratzer hin“, klagt Wu Zhiqiang, Direktor des Stadtplanungsinstituts der Tongji-Universität in Schanghai. „Politiker und Bauherren sind wie Kinder. Man kann sie belehren, so viel man will, sie bestehen darauf, eigene Fehler zu machen.“ Aufgeben wollen die Meister der Masterpläne aber nicht. Diese Woche treffen sich in Schanghai rund 1.000 Planer zum ersten internationalen Weltkongress. Aus Deutschland kommen etwa 30 Teilnehmer, vor allem Raumplaner von der Uni Dortmund.

Auf die Eröffnungsrede der Engländerin Patsy Healy am Donnerstag folgen bis Sonntag Vorträge, Diskussionen und Workshops, zum Beispiel zum Hochhausbau in Bangladesch, zur Regionalplanung in Frankreich, den Vorstädten in Südafrika, der Wohnungsprivatisierung in Singapur oder der Entwicklung des Ruhrgebiets. Von den 16 vorgesehenen Themenblöcken fand unerwartet „Geschlecht, Rasse und soziale Diskriminierung“ am wenigsten Interesse. „Wahrscheinlich war das ein 70er-Jahre-Thema, und Sozialkritik ist nicht mehr in“, vermutet Wu Zhiqiang, Organisator des Kongresses. „Dafür entfallen von den eingereichten 720 Referaten über 100 auf den Themenbereich ‚Nachhaltige Entwicklung‘. Das interessiert im Moment alle. Da gibt es auch am meisten staatliche Fördermittel.“

Dass der „erste globale Erfahrungsaustausch“ der Stadtplaner in der 17-Millionen-Metropole Schanghai stattfindet, sei „eine einmalige Chance“, findet Wu Zhiqiang: „Die explodierenden Städte in China sind sehr beeindruckend, aber viele Westler verstehen die Theorie dahinter und die Arbeitsweise der chinesischen Verwaltung nicht. Wir organisieren nun Exkursionen in verschiedene Städte, damit sie das chinesische Planungssystem kennen lernen können.“ Andererseits seien auch die chinesischen Städtebauer sehr an ausländischen Erfahrungen interessiert: „Wir haben schon viele schöne Sachen aus Deutschland übernommen, zum Beispiel Bebauungspläne und Fußgängerzonen“. MARTIN EBNER