Beobachten, auswerten, vernichten

Nichtskönner mit Herz und Schnauze retten die Menschheit, zum Klonen und Kreuzen bleibt keine Zeit: Mit „Evolution“ will Regisseur Ivan Reitman seinen Erfolg, den er mal mit „Ghostbusters“ gelandet hat, intergalaktisch wiederholen

Wenn ein Meteorit auf die Erde knallt, was ja durchaus vorkommt, wird er zuerst auf Spuren außerirdischen Lebens untersucht. Das ist keine Sciencefiction, meine Damen und Herren, das ist Wissenschaft. Die Forscher hoffen nämlich auf so etwas wie einen extraterrestrischen Stammzellenimport, und die Vertreter der so genannten Panspermiatheorie glauben sogar, dass sich Leben, jetzt mal intergalaktisch betrachtet, überhaupt nur auf diese Art und Weise fortpflanzen könne.

Was also macht man am besten, wenn es das Zeugs wirklich mal auf die Erde schafft? Genau: beobachten, auswerten und dann schleunigst vernichten! Dass es dabei leidlich komisch zugehen kann, ist der Beitrag von „Evolution“ zur Gendebatte. David Duchovny und Orlando Jones geben darin zwei Forscher, die man als Schande ihrer Zunft bezeichnen muss. Hier klappt überhaupt nichts. Der Meteorit wirft Zellkulturen ohne Ende, und bis die beiden das bemerken, haben sie es mit einem urschleimigen Regenwald, ekligen Würmern, fiesen Zahnmonstern, Dinosauriern und am Ende mit Primaten zu tun.

Die Evolution von 200 Millionen Jahren vollzieht sich in ein paar Stunden. Eine wirklich grässliche Vorstellung: Die Helden müssten sich noch während des Films selbst begegnen! Das Militär schaltet sich ein. Und es folgt der klassische Konflikt solcher Komödien: Die arroganten Säcke von der Abwehr werfen mit Napalm, Nichtskönner mit Herz und Schnauze retten die Menschheit. Zum Klonen und Kreuzen bleibt also keine Zeit, stattdessen gilt es, Flugsaurier in der Shopping Mall zu erledigen und schleimige Blobs an der Weltherrschaft zu hindern. Dafür wird wenigstens filmtechnisch gemendelt bis zum Umfallen.

Regisseur Ivan Reitman hat mit „Ghostbusters“ mal einen Erfolg gelandet, den er nun für jeden sichtbar wiederholen will. Die Evolution im Computerdesign – am Werk waren die Schöpfer von „Jurassic Park“ und „Starship Troopers“ – kommt ihm da gerade recht. Ein treudoofes E.T.-Monsterchen mit zähnefletschender Alienzunge: Gegen die animierten Urzeitviecher aus „Evolution“ kann der Marshmallowman einpacken.

Die genretypische Selbstreferenzialität macht auch vor Reitmans oberstem Cellbuster nicht halt: „Akte X“-Star Duchovny spielt sich selbst. Ein Typ, dem außerhalb seiner großen Mission aber auch gar nichts gelingt. Sein Nachtprogramm „Foxy Fantasies“ machte ihn auf ewig zum Sascha Hehn Hollywoods – nun muss er auch hier seinen blanken Hintern präsentieren. Und im Pentagon, wo er laut „Evolution“ unehrenhaft entlassen wurde (!), haben sie infolge eines unseligen Milzbrandexperiments eine ziemlich hässliche Krankheit nach ihm benannt, die vor allem aus einer Menge digestiver Nebenwirkungen besteht. Julianne Moore allerdings hat man schon in würdigeren Rollen gesehen. Immerhin sagt sie einmal sehr schön: „Der simpelste Organismus setzt sich durch.“

PHILIPP BÜHLER

„Evolution“. Regie: Ivan Reitman. Mit David Duchovny, Julianne Moore, Orlando Jones, Sean William Scott u. a. USA 2001, 102 Min.