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: Niemand ist an Poschardt interessiert – an ihm, seinem Masarati (oder so), seiner Begleitung, seinen quietschenden Reifen

Warum Nichts

Nun, da sich das Nichts immer weiter ausbreitet und Berlin bald flächendeckend überlagert, wobei es von dem, was war (Spiel, Spaß und Spannung), nichts mehr da ließ, bleibt auch uns nichts weiter übrig, als uns nicht mehr über das Nichts zu äußern, bis es sich selber schluckt und möglicherweise implodiert – wir werden sehen. Bis es so weit ist, widmen wir uns daher dem Warum.

Das Warum ist nicht zu unterschätzen, es ist sogar überaus interessant. Denn trotz der klärenden Absicht, die hinter einem Warum steckt, birgt das Warum doch einige Unklarheiten. So fragt es zum einen nach einem Grund, der eine Entwicklung, einen Sachverhalt vernünftig, logisch und nachvollziehbar erklärt. Zum anderen suggeriert es aber auch die Möglichkeit, dass es gar keinen Grund oder Sinnzusammenhang gibt. Möglicherweise verschleiert es diesen Umstand gar. Denn vielleicht passiert ja alles auch so.

Dann könnte man das Warum streichen und müsste alles so hinnehmen; man müsste sich nicht, wie neulich, darüber wundern, dass Ulf Poschardt (Neu-Berliner und Welt-Redakteur) mit einem durchaus flotten Masarati-Cabrio (oder so) demonstrativ vor dem Bergstübel vorfuhr, eine Begleiterin einlud, um alsbald mit quietschenden Reifen abzudampfen. Und Poschardt hätte sich nicht darüber wundern müssen, dass niemand, außer denen, die sich peinlich berührt zeigten, daran interessiert war – weder an ihm, dem Masarati (oder so), seiner Begleitung, noch den quietschenden Reifen.

Er brauste fort in die Nacht, und im Bergstübel öffnete jemand ein Bier oder auch zwei. Überhaupt: die Semi-Prominenz und ihre Fortbewegungsmittel. Im dritten Programm gab es kürzlich eine denkwürdige Aufzeichnung eines Puhdys-Konzertes zu sehen, das wohl dank des wahrscheinlich üblichen Puhdys-Konzert-Gebarens nicht weiter aufgefallen wäre, wenn nicht der Keyboarder, der Peter heißt oder so, plötzlich auf einer weißbunten Kuh auf die Bühne geritten wäre, um ein stimmungsvolles Saxofonsolo vorzutragen. Man frage besser nicht: Warum? Denn selbst, wenn es dafür eine vernünftige Erklärung gäbe, könnte sie gar nicht vernünftig genug sein, um noch als vernünftig zu gelten.

Andererseits: Ulf Poschardt und der Puhdy-Peter, der Masarati (oder so) und die Kuh, die Reifen und das Saxofon – ohne die Gewissheit, den Hauch, ja, die Hoffnung auf einen tieferen Sinn könnte man daran irre werden. Was mögen die sich dabei gedacht haben? Ist es nicht bekannt, dass sich das Bergstübel-Publikum höchstens durch Fashion, Fußball und Fahrräder beeindrucken lässt? Wieso lässt man die Reifen quietschen, wenn die nächste Ampel nur fünfzig Meter weit entfernt ist? Bog etwa eine Tram mit Höchstgeschwindigkeit um die Ecke? Und dann die Kuh! Und wieso ein Saxofon? Ist es nicht bekannt, dass höchstens Banjo-Soli zu Nutzvieh passen? Peinlichkeit, wo ist dein Stachel?

Wahrscheinlich werden wir es nie erfahren. Man kann grübeln und überlegen, man kann die Sachverhalte drehen und wenden – die Geschehnisse, sie verlaufen sich im Nichts. Und da ist es dann wieder, das Phänomen, das es gibt, weil es es nicht gibt, und nicht gibt, weil es es gibt. Und auch das Warum ist davon betroffen, weshalb wir schon wieder in wenigen Wochen fragen werden: Warum nicht? HARALD PETERS