Auf Strafe folgt Strafe

Hamburger „Fall Mehmet“: Ausländerbehörde schiebt straffälligen Ghanaer ab, der hier geboren und aufgewachsen ist  ■ Von Elke Spanner

Der Münchner Fall „Mehmet“ hatte 1998 die Gemüter erhitzt: Der 14-jährige Sohn von rechtmäßig in Deutschland lebenden TürkInnen war allein in die Türkei abgeschoben worden, weil er hier straffällig geworden war. Auch Hamburg hat jetzt einen Fall „Mehmet“: Im Abschiebegefängnis Glasmoor ist ein 22-jähriger Mann inhaftiert, der wegen seiner Straftaten nach Ghana abgeschoben werden soll – wo er noch nie in seinem Leben war. Der Petitionsauschuss der Bürgerschaft hat der Ausländerbehörde dafür grünes Licht gegeben. Mit den Stimmen der GAL.

Der jetzt 22-jährige Y. ist in Hamburg geboren und aufgewachsen. Laut seiner Rechtsanwältin Marion Pein kennt er Ghana nur aus den Erzählungen seiner Mutter: Er selber war noch nie dort, nicht einmal in den Ferien. Englisch spricht er schlecht, die Landessprachen Ghanas gar nicht. Seine Mutter und Geschwister haben mittlerweile einen deutschen Pass. Y. hingegen soll abgeschoben werden. Denn er hat in Hamburg zahlreiche kleinere Straftaten begangen.

Für die hat er gebüßt: Seit Dezember 1999 saß Y. im Gefängnis. Als die Haftzeit Mitte Juli abgelaufen war, wurde er aber nicht wie deutsche Jugendliche in die Freiheit entlassen, sondern direkt nach Glasmoor gebracht. Denn das Ausländergesetz sagt, dass ein Ausländer „in der Regel“ abgeschoben wird, wenn er zu einer Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist. Und die Ausländerbehörde sagt, dies sei ein Regelfall. „Er kann sich nicht an die geltende Rechtsordnung halten“, begründet Behördensprecher Norbert Smekal. „Deshalb überwiegt das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung.“ Die sei keine Strafe, sondern eine Verwaltungsentscheidung.

„Absurd“, sagt dazu Pein. Schließlich habe ihr Mandant sein ganzes Leben in Deutschland verbracht. Nach der Haft sollte er wieder bei seiner Mutter leben. Ein Bewährungshelfer wollte sich um einen Ausbildungsplatz für den jungen Mann bemühen. Das Einzige, was ihn mit Ghana verbinde, sei sein Pass. Trotz seines lebenslangen Aufenthaltes in Deutschland wurde er auf der Ausländerbehörde all die Jahre nur mit befristeten Aufenthaltserlaubnissen abgespeist. Und die ermöglichen es dem Amt nun, seine Abschiebung zu betreiben.

Der Petitionsauschuss der Bürgerschaft hat das abgesegnet. Dabei hatte Pein dort nicht einmal beantragt, ihren Mandanten in Hamburg leben zu lassen. Sie hatte nur darum gebeten, dass mit der Abschiebung gewartet wird, bis gerichtlich über den Fall entschieden ist. Zu einem Gerichtsurteil wird es nun wahrscheinlich nicht mehr kommen. „Die Ausländerbehörde“, sagt Pein, „hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass Y. nach seiner Strafhaft nicht einen Tag mehr in Freiheit kam.“