„Ich bin die perfekte Frau“

„Wenn ich Fischer sehe, denke ich an ein leckeres amerikanisches Frühstück.“

Interview STEFAN KUZMANY
und PETER UNFRIED

taz: Frau Sommer, wir haben etwas für Sie gedichtet.

Ariane Sommer: Süß!

Na ja: Wer am besten dichtet, darf ja zwölf Stunden mit Ihnen verbringen.

Ja, das hat sich Bild ausgedacht. Diese Serie mit den sechs schönen, starken Frauen. Lassen Sie mal hören.

Ariane, süß wie Sahne . . .

Klasse! Das wollte ich gerade sagen!

. . . wärst du doch mein Kuchen – ich würd dich gern versuchen.

Klingt lecker. Warum haben Sie den nicht eingeschickt? Dann hätten wir uns einen netten Abend machen können. Stattdessen kommt dann jemand aus Hohenhinterposemuckel . . .

Ist das nicht ein bisschen oberflächlich? Gerade die Sahne und der Kuchen . . . da wird doch ein bestimmtes Frauenbild transportiert.

Finde ich aber nicht schlimm. Ich finde sowieso: Um als Frau ernst genommen zu werden, muss ich mich nicht in Sackleinen kleiden und meine feminine Seite verstecken.

Und die Torten-Metapher?

Wenn mir ein Mann gefällt, dann sage ich ja auch: Das ist ein Schnittchen.

Was Ihr Exarbeitgeber, n-tv-Chef Brandstätter, über Sie gedichtet hat, war wohl weniger lecker. Sie seien „zwanghaft sexy“ und könnten „Ihre Beine gar nicht weit genug spreizen“.

Das ist Schnee von gestern. Ich muss da nicht den tieferen Sinn interpretieren. Das steht doch sehr schön für sich.

Und Bild -Philosoph Wagner hält Sie für das Produkt „geiler alter Männer“.

Ich weiß gar nicht, warum der über sich selbst in der dritten Person schreibt. Vor ein paar Jahren musste ich dem noch mit der Gabel in den Bauch pieksen, um ihn mir vom Leib zu halten.

Und Alice Schwarzer . . .

Wahnsinnig sympathisch. Ich habe sie mal getroffen. Wenn sie nicht gewesen wäre, dann könnte eine Verona Feldbusch nicht das machen, was sie heute macht. Ich auch nicht.

Sind Sie Ihre Enkelin im Geiste ?

Also: Als wir uns trafen, war ich sehr tief dekolletiert, trug diese Jeans hier . . .

. . . die stehen Ihnen wirklich.

Und Alice meinte: „Toll siehst du aus.“ Richtig süß. Und in manchen Punkten muss ich ihr sehr Recht geben. Sie hat ein Problem damit, dass man zwar mit Sexappeal spielt, aber gefügig bleibt. Das ist doch auch schwachsinnig. Wofür haben wir gekämpft?

Wofür haben wir gekämpft?

Mir ist es als Frau wichtig, dass ich auf eigenen Beinen stehen kann, dass ich mein Geld verdienen kann mit Dingen, die mir Spaß machen. Und dass ich mich nicht in eine Schublade stecken muss. Ich nutze das, was ich habe, und mache damit meinen Weg. Fertig. Ob das jetzt hier sitzt . . .

Im Kopf . . .

Oder hier sitzt . . .

Äh . . . etwas tiefer.

Es gibt viele, die denken, ich bin die komplett blöde Kuh, aber das ist ein positives Sichverkaufen, das heißt sich und seine Talente ins rechte Licht rücken. Wenn ich jetzt auf jede Besetzungscouch hopsen würde . . .das ist etwas, auf das ich stolz bin: dass ich nie mit Promis oder irgendeinem Medienmogul ins Bett gegangen bin. Im Gegenteil.

Sie haben einen Unbekannten geheiratet. Aber dafür darf Ihr Mann auch nie aufs Foto.

Er darf schon. Nur: Ich gebe ja gerne das Showgirl, hier und da Party, alles nett, alles toll, aber es gibt einen Teil, den will ich für mich behalten. Also, wenn mich jemand fragt, wie viele Männer ich schon hatte, oder was mein Schnitt in der Woche ist, damit’s mir gut geht, dann kriegt der die Antwort nicht.

Aber er kriegt immer eine Antwort?

Natürlich sage ich nicht: Das geht Sie nichts an. Dann kann ich gleich zu Hause am Herd bleiben oder als Sekretärin arbeiten. Professionell ist, dass man zu sich steht. Aber wenn jemand frech wird, muss man auch frech reagieren.

Sie wollen schon, dass die Leute sich für Sie interessieren . . .

Klar. Ist ja auch wichtig.

Für Ihre Arbeit.

Womit ich mein Geld verdiene, das ist auch Leben. Es ist toll. Ich hoffe, dass es noch so weitergeht.

Ihr Leben ist eine einzige Party.

Oh Gott! Ich glaube, ich würde mich in einem fort übergeben, wenn ich jeden Abend ausgehen müsste. Zu Hochzeiten habe ich pro Woche zwanzig Einladungen im Briefkasten. Und davon wähle ich vielleicht eine aus. Auf den Monat verteilt sind’s vielleicht vier.

Wozu machen Sie das?

Die Leute wollen unterhalten werden. Die sehen nicht, dass es vielleicht ein eher langweiliger Stehempfang war. Ich weiß nicht, ob das alle wissen müssen. Und ob das alle wissen sollen. Und ob die das unbedingt wissen wollen.

Was tun Sie genau?

Ich stehe für mich selbst. Und mache das Beste draus. Jung, frech, meine Güte, sexy blonder Vamp, ganz so, wie Sie’s haben wollen. Sex? Kein Problem.

Wer benützt eigentlich wen: Sie Bild oder umgekehrt?

Das kann man so nicht sagen. Ich glaube nicht, dass man, selbst wenn man einen guten Draht hat, die Presse so beeinflussen kann, dass da nur Gutes über einen steht. Es gibt einfach Dinge, die können Sie nicht geheim halten, wenn Sie in der Öffentlichkeit stehen.

Wie es scheint, reagieren Frauen oft ein bißchen biestig auf Sie.

Manche können mit mir, manche nicht.

Welche nicht?

Frauen, die das nicht mögen, dass eine Frau so vorne steht. Und die sich selbst vielleicht auch nicht so gut finden.

Sie sagen, es sei bemerkenswert, was man mit dem Herzeigen seiner Glocken erreichen könne.

Das ist der helle Wahnsinn. Man hat irgendetwas tief dekolletiertes an, wird abgelichtet – und irgendwann hat man sein eigenes Fernsehformat, schreibt Kolumnen für den Playboy.

Was sagt uns das über die Welt?

Warum fragen Sie nicht den lieben Gott?

Der gibt keine Interviews.

Also erstens kann ich Ihnen das nicht erklären, und zweitens glaube ich: Das war schon immer so.

Die Menschen sind vom Sex besessen?

. . . Ich glaube, sie wären es gerne.

Besessen vom Darüberreden und Darüberlesen.

Ich glaube, Oscar Wilde hat mal gesagt: Klatsch ist nicht gelebtes Leben. Wenn man etwas liest oder darüber redet, das hilft einem vielleicht, darüber hinwegzukommen, dass man etwas nicht tut.

Das beste Mittel gegen Migräne ist guter Sex, haben Sie gesagt.

Ich weiß nicht, ob Sex gegen Migräne hilft, aber bei mir ist es so, wenn ich keinen bekomme, dann bekomme ich Migräne. Aber ob die Kopfschmerzen davon weggehen? Da würde ich dann eher Aspirin empfehlen.

An dem Migräne-und-Sex-Spruch haben Sie doch gearbeitet.

Nö. Der ist mir einfach aus dem Mund gerutscht.

Beneidenswert.

Ich finde im Zweifel den guten Spruch immer besser als langes Gequatsche. Und was „Sex sells“ betrifft: Blödsinn. Ich habe mich schon vor Jahren so gekleidet. Ich habe nicht irgendwann angefangen zu sagen, oh, da ist ein Fotograf, jetzt mache ich mal den Ausschnitt tiefer.

Wie sollen Männer damit umgehen?

Es ist doch O.K., wenn einer mal guckt. Das ist ja ein Unterschied, ob der richtig starrt. Das eine ist das Wahrnehmen, Anerkennen: gut, nett, lecker. Was ich wirklich übel nehme, ist, wenn Frauen in Schubladen gesteckt werden. Wieso passt das nicht zusammen, Glocken zu haben und auch noch Gehirn?

Frau Sommer, welche Männer sind denn vorbildhaft in Deutschland?

An wem Sie sich orientieren, das möchte ich Ihnen nicht vorschreiben. Ich finde Menschen gut, die auch mal etwas sagen, das nicht so politically correct ist.

Wen haben wir denn da?

Tja, gar nicht so einfach. Also, ein guter Typ ist der Fußballmanager Hoeneß.

Uli Hoeneß?

Nein, sein Bruder. Dieter Hoeneß. Aus der Politik fällt mir jetzt spontan niemand ein . . . doch . . . Westerwelle, weil er ziemlich clever ist. Der gefällt mir – mal unabhängig von der FDP.

Schröder – wie sieht der aus?

Ach, von oben betrachtet, ganz gut. Aber für mich ist der zu klein.

Joschka Fischer?

Soll ich dazu allen Ernstes was sagen? Das wäre gemein.

Dann erst recht.

Ich misstraue Leuten, die vehement Turnschuhe und Jeans getragen haben und sich plötzlich komplett anders geben, weil sich die Position verändert hat. Wenn ich Fischer sehe, denke ich an ein leckeres amerikanisches Frühstück.

Interessante Assoziation.

Kann man nehmen, wie man will.

Doktor Edmund Stoiber?

Mit dem assoziiere ich rein gar nichts.

Nicht mal Seriosität und Kompetenz?

Nö . . .

Jürgen Trittin?

„Wenn mir ein Mann gefällt, dann sage ich ja auch: Das ist ein Schnittchen.“

Tja . . .

Der trägt einen Oberlippenbart.

Das kann ja jeder halten, wie er will.

Mögen Sie Oberlippenbärte?

Nein. Zerkratzt das ganze Gesicht.

Was mögen Sie denn dann?

Also . . . das muss einfach ein Kerl sein. Der darf nicht anderen Leuten nach dem Mund reden. Und was das Äußere angeht: Ich habe noch nie auf Schönlinge gestanden.

Da müssen Sie ja schrecklich leiden. Tausende Fotos zeigen Sie mit ganz viel schönen Menschen.

Das finde ich nicht schlimm. Ich lege ja auch sehr viel Wert auf das Äußere. Zum einen gehört’s dazu, zum anderen bin ich eine richtig eitle Kuh, wenn ich ehrlich bin.Und die wirklich guten Leute finde ich zu Hause.

Das sind also zwei getrennte Welten – ihr Leben und die Partys?

Ja. Das hat auch sein Gutes: Früher habe ich auch im Privaten die Leute immer zugemüllt, heute mache ich das in der Öffentlichkeit, und dann halte ich zu Hause mal die Klappe.

Tatsächlich?

Ja. Mir muss man dann eher die Würmer aus der Nase ziehen. Ich bin die perfekte Frau – labere meinen Mann nicht zu. Zu Hause hat der seine Ruhe. Kann Fußball gucken, wenn er will.

Frau Sommer, sind Sie eigentlich ironisch?

Ich? Wie kommen Sie darauf?

Hat Ihr Zeit -Onkel Theo gesagt.

Doch, ich kann schon über mich selbst lachen. Ich bin nicht zynisch, aber ironisch bin ich schon.

Das heißt, Sie glauben an das Gute?

So richtig verkarstete Zyniker sehen in allem nur das Schlechte. Ironie ist, das Leben genießen zu können, indem man Dinge nicht so ernst sieht, über etwas lächeln kann, auch mal über sich selbst.

Sind sie als öffentliche Ariane Sommer auch ironisch angelegt?

Ja, durchaus. Ich bin ja auch mal mit einem Augenzwinkern zu sehen.

Sie spielen die Rolle der Super-Blondine?

Ich bediene auch bewusst Klischees und mache noch mehr draus.

Zum Beispiel . . .

. . . wenn mich einer fragt: Wieso sind Sie intelligent? Was ist denn das für eine Frage? Da antworte ich: Ich bin intelligent, weil ich mir die Lippen nachziehen kann, ohne in den Spiegel zu gucken.

Was haben Sie damit geleistet?

Damit habe ich die Dämlichkeit dieser Frage in der Bedienung dieses Klischees in ihrer Dämlichkeit dargestellt. Das sehe ich ironisch.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Verona Feldbusch, Nadja Abdel Farrag und Ihnen?

Die sind dunkelhaarig.