Aufgeregte Fluchten

Herk, eine Atombombe und knallharte CIA-Agenten: Der Berufssarkast Dave Barry bringt Stephen King zum Lachen und zwei Penner in die Bredouille – „Big Trouble“

Stephen King ist mit Dave Barry befreundet. Und guten Freunden, das weiß man ja, gibt man schon mal ein Küsschen. King taucht denn auch gleich zweimal auf in „Big Trouble“, diesem ersten Roman des amerikanischen Starkolumnisten und Pulitzerpreisträgers, in der „Danksagung und Warnung“ zu Beginn des Buchs und später auch noch einmal: als die Handlung nämlich richtig Fahrt aufnimmt und sich zugunsten des lustigen Aberwitzes um solche Kategorien wie Wahrscheinlichkeit und Authentizität nicht mehr schert. Da fällt sogar einer Figur auf, hier gehe es ja fast so zu wie in einem dieser abgedrehten King-Romane.

Es wundert also gar nicht mehr, wenn sich Stephen King seinerseits nicht lumpen lässt und eine Laudatio schreibt, die sich in Superlativen suhlt und das Buch gleich für das komischste hält, „das er in den letzten vierzig Jahren gelesen“ hat. Und selbstredend ist „dabei vor Lachen vom Stuhl gefallen“.

Zieht man die Marktschreierei mal ab, liegt der Horrormärchenonkel, der doch eigentlich gar keinen Spaß versteht, nicht mal ganz falsch. Vor allem in der ersten Hälfte, wo Barry sich noch aufs Detail konzentriert, sich noch nicht im Hamsterrad der Handlung abstrampeln muss und mit dem hart gekochten, aber ironisch abgeschreckten Witz des Berufssarkasten das zeitgenössische Miami und dessen zumeist aufgeregt mit den Armen rudernde Bewohner beschreibt, ist das absolut komisch.

Tja, und dann die Handlung. Arthur Herk verteilt Bestechungsgelder für eine kriminelle Baugesellschaft. Um seine Spielschulden zu begleichen, hat er eine Menge Dollars veruntreut und soll, in seinem Business nicht unüblich, dafür umgebracht werden. Als ein erster Mordanschlag auf kurioseste Weise fehlschlägt, will er sich der Polizei stellen und seine Arbeitgeber ans Messer liefern. Um vom hiesigen Police Department überhaupt ernst genommen zu werden, kauft er beim lokalen Waffenschmuggler eine Bombe. Dummerweise ist das gleich eine Atombombe, hinter der auch schon der CIA her ist. Zwei ehrgeizige Penner aus der Gegend, die von einer Dealerkarriere träumen, klauen die Bombe, weil sie Rauschgift darin vermuten, nehmen Herks Stieftochter Jenny als Geisel und wollen sich absetzen auf die Bahamas.

Versehentlich betätigen sie den Zeitzünder, der nun für den Rest des Buches immer mal wieder eingeblendet wird, damit man auch bemerkt, dass man beim Finale in Echtzeit dabei sein darf. Das nämlich ist eine turbulente, ziemlich hollywoodeske Verfolgungsjagd, an der zwei knallharte Agenten der CIA, eine aufrechte, intelligente und überdies gut gebaute Polizistin, Jennys Verehrer Matt, Jennys Mutter Anna und Matts Vater Eliot, der gerade im Begriff ist, Annas Verehrer zu werden, teilnehmen. Ob sie Jenny befreien und die Atombombe unschädlich machen können?

Stephen King vergleicht „Big Trouble“ mit einer „Preston-Sturges-Screwball-Komödie“, und auch das ist so falsch nicht. „Blues Brothers“ und „Pulp Fiction“ könnte man ebenfalls noch als Taktgeber nennen. Und da sind wir denn auch schon bei der Schwäche des Romans. Am Ende langweilt man sich ein bisschen, obwohl die Rasanz der Fabel immer noch zunimmt, weil man schon weiß, worauf es hinausläuft.

Und das weiß man, weil man dem Buch bald anmerkt, dass der Autor schon beim Schreiben vor allem eins im Blick hatte: das konventionelle, kommerzielle Leinwandformat. Barry Sonnenfeld sitzt denn auch längst dran. Demnächst schon kommt „Big Trouble“ in die Kinos. Wer weiß, vielleicht kann man sich das Buch dann sparen.

FRANK SCHÄFER

Dave Barry: „Big Trouble“. Aus dem Amerikanischen von Edith Beleites. Eichborn Verlag, Frankfurt a. M. 2001, 323 Seiten, 39,80 DM