Importschlager italienischer Hausmüll

Mecklenburg-Vorpommern will Abfall aus Süditalien einführen. Umweltminister Trittin hält das für eine ökologisch schädliche Beseitigung

BERLIN taz ■ Ein Schiff wird kommen. Vollgeladen mit Hausmüll, eingeschifft in Neapel, soll es demnächst an der mecklenburg-vorpommerschen Küste einlaufen. Ziel des italienischen Mülls ist die Sondermülldeponie Schönberg, die heute auf den weniger skandalträchtigen Namen „Ihlenberg“ hört. Es geht um 30.000 Tonnen, so viel hat der Landesumweltminister Wolfgang Methling (PDS) genehmigt. Es könnte noch mehr werden, denn in der süditalienischen Provinz Kampanien herrscht seit Anfang des Jahres Müllnotstand.

Was Minister Methling als Amtshilfe sieht, ist in den Augen von Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) ein Verstoß, wenn nicht gegen den Wortlaut des Abfallgesetzes, so doch gegen seinen Geist. Denn der Müll soll in Mecklenburg-Vorpommern direkt deponiert werden – ohne eine Vorbehandlung. Das ist eigentlich seit 1993 von der TA Siedlungsabfall (TASi) nicht mehr gestattet. Der Grund: Wenn der Müll nicht vorher verrottet oder verbrannt wird, finden auf der Deponie mit der Zeit diverse chemische Prozesse statt, der Müllberg sackt ein, schädliche Gase entweichen.

Weil klar war, dass die Kommunen Probleme haben würden, der TASi nachzukommen, gab man ihnen eine Übergangsfrist bis 2005. Die nutzt Methling nun aus, um Müll aus dem Ausland dazuzuholen. Übergangsfrist sei Übergangsfrist: „Wir sehen uns mit dem Gesetz im Einklang“, sagt seine Sprecherin.

Trittin ist erbost: „Auch schon vor 2005 kommt es darauf an, das Entstehen neuer großer Altlasten in Deutschland zu verhindern“, schreibt er in einem Brief, der der taz vorliegt, an Methling. Angesichts „immer noch freier Vorbehandlungskapazitäten auch in Deutschland“ gebe es „wesentlich umweltfreundlichere Entsorgungsalternativen“ für den italienischen Müll. Auch das will Methlings Sprecherin nicht gelten lassen, schließlich sei die Deponie Ihlenberg als Sondermülldeponie ausgelegt. Im Bundesumweltministerium glaubt man dagegen, Methling wolle den Deponiebetreiber bloß ermöglichen, bis 2005 möglichst viel Geld zu verdienen. Denn mit der Vorbehandlung schrumpft das Müllvolumen dramatisch.

Trittin geht’s ums Prinzip. In den Niederlanden warten nach Schätzungen weitere 1,2 Millionen Tonnen Hausabfälle auf einen Abnehmer im Ausland. Deshalb schickte Trittin eine Kopie seines Briefes auch an die anderen Länderminister.

Eine Handhabe gegen Methling hat er nicht: Allein die EU-Kommission könnte ihn noch stoppen. Denn das EU-Recht schreibt vor, dass Hausmüll in der Nähe der Entstehung beseitigt werden muss.

MATTHIAS URBACH