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: Passwort: Swordfish

Travolta-Terror

Dieser Film war nach den Anschlägen in den USA zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben worden. John Travolta spielt einen charismatischen Superschurken, der mit terroristischen Methoden einen Milliardenraub durchzieht. „Passwort: Swordfish“ beginnt ganz tief unten im Wolkenkratzermeer von L.A., wo Travolta einen ganzen Stadtteil um die WorldBank als Geisel nimmt und ungeheuer viel in die Luft sprengt. Das sieht gut aus. Höhepunkt ist die Hubschrauberentführung eines Linienbusses, der auf seiner wilden Reise mehrere Hochhäuser demoliert. Das sieht noch besser aus. Wer so was also vermisst hat, kann es jetzt wieder haben.

Travolta ist in diesem auf maximalen Effekt programmierten Reißer als smarter Todesengel Gabriel so fürchterlich cool und geil und auch ein bisschen blöde, dass man es kaum aushält. Der Film springt schnell in eine Welt des Luxus, wo sich der angefettete Gabriel von einer Horde heißer Models umschwärmen lässt. Wohl zur Triebabfuhr muss ein sympathischer Hacker in Rekordzeit einen mordsschweren Code knacken, während ihm eines der Girls einen bläst und Gabriel die Pistole im Anschlag hält.

Noch nie wurden Gewalt und Sexismus so glatt inszeniert und noch nie waren sie so sinnlos. Denn wie immer, wenn Hollywood zu erklären versucht, warum manche Leute aus Millionen Milliarden machen wollen und dafür Menschen töten, dreht die Logik hohl: Mit eingelagertem Regierungsvermögen aus dem Drogenkrieg plant Gabriel das Böse zu besiegen: „Unsere Antworten auf den Terrorismus müssen so entsetzlich sein, dass niemand es mehr wagt, Amerika anzugreifen.“ Er handelt in nationalem Interesse, und das erfordert Opfer.

Leider war das nur vor dem 11. September eine krude neurechte Rechtfertigungsideologie für eine delirierende Bildermaschine ohne Herz und Hirn. Jetzt schmeckt es, nun ja, ein wenig bitter. Ein Anschlag auf den guten Geschmack ist „Passwort: Swordfish“ aus einem ganz anderen Grund: Warum die Bankräuber in Sidney Lumets „Hundstage“ nicht sofort eine Geisel getötet hätten, will Travolta wissen. So was sei doch „nicht realistisch“. Und jagt eine mit Sprengstoff beladene Frau in die Luft. Voll digitalisiert. In Zeitlupe. Das, lieber John Travolta, hättest du nicht tun dürfen. „Hundstage“ aus dem Jahr 1975 ist nicht zuletzt deshalb das wunderbarste Geiseldrama aller Zeiten, weil der süße schwule Sonny (Al Pacino) zu kaltblütigem Mord gar nicht imstande war. Er brauchte das Geld für die Geschlechtsumwandlung seines Exfreundes. Von Bullen umzingelt, telefonierte er ganz realistisch mit seiner lieben Frau. So also geht Hollywood mit seiner Geschichte um? Woher nimmt Travolta dieses Selbstbewusstsein? Mit seiner Gelfrisur ist er nur eine leblose Zusammenfassung seiner letzten Rollen. Ein weißer Bin Laden für junge Männer, die „Hundstage“ oder „Saturday Night Fever“ nie gesehen haben und die wegen solchem Mist nie erfahren dürfen, wie ein guter Film aussieht.

PHILLIPP BÜHLER

„Passwort: Swordfish“. Regie: Dominic Sena. USA 2001, 99 Min.