Geheime Gespräche auf Moskauer Airport

Vertreter des Kremls und Tschetscheniens loten erstmals Chancen einer Friedenslösung für die Kaukasusrepublik aus

MOSKAU taz ■ Nach über zwei Jahren Krieg im Kauskasus fand am Wochenende eine erste vorsichtige Kontaktaufnahme zwischen Moskau und einem Gesandten des tschetschenischen Präsidenten Aslan Maschadow auf russischem Boden statt. Der Beauftragte des russischen Präsidenten für den Südbezirk, Wiktor Kasanzew, und Achmed Sakajew, Vizepremier der sezessionistischen Kaukasusrepublik, trafen sich auf Moskaus internationalem Flughafen Scheremetjewo.

Bereits vor einigen Wochen hatte der Kreml eine Fühlungnahme nicht mehr kategorisch abgelehnt. Die Unterredung dauerte zweieinhalb Stunden und fand hinter verschlossenen Türen statt. Ein Berater Kasanzews sagte, das Gespräch sei in einer „konstruktiven Atmosphäre“ verlaufen. Beide Parteien hätten ihre Absicht bekundet“, in Tschetschenien einen dauerhaften Frieden zu suchen.

Sakajew hatte noch am Sonntag mit Kasanzew von Istanbul aus telefoniert und sich erst dann nach Moskau begeben. Zurück in Istanbul meinte Sakajew, er sei „glücklich über die Ergebnisse“. „Wir glauben, die Gespräche werden fortgesetzt und zu einem positiven Ende führen.“

Moskau betonte unterdessen, die Themen des „Arbeitstreffens“ würden sich ausschließlich auf die Vorgaben des Kremlchefs beschränken. Ende September hatte Wladimir Putin jenen Rebellen Straffreiheit zugesagt, die ihre Waffen niederlegen, sich stellen und nachweisen können, dass sie an Verbrechen nicht beteiligt gewesen seien. Wie andere Ultimaten des Kremls stieß auch dieses auf keine Resonanz. Die politische Führung forderte Putin auf, „die Kontakte zu internationalen Terroristen und ihren Organisationen unverzüglich einzustellen“.

Möglicherweise sieht Maschadow nun eine Chance, von Moskau rehabilitiert zu werden. Ursprünglich stand der Päsident radikalen islamischen Fundamentalisten distanziert gegenüber. Das war auch ein Grund, warum Moskau nach dem ersten Tschetschenienkrieg 1997 seine Präsidentschaftskandidatur noch als kleineres Übel betrachtete. Allerdings dürfte ein nennenswerter Teil der Freischärler gegen eine friedliche Beilegung des Konfliktes sein. Sie leben vom Krieg. Selbst wenn sich Moskau mit Maschadow einigen sollte, bedeutet das daher noch keinen Frieden in Tschetschenien.

KLAUS-HELGE DONATH

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