daumenkino
: Die letzte Festung

Brust ins Bild

Ein rechter Soldat ist einer, der noch als Offizier seine Wundmale am Rücken trägt, denn die sind im soldatischen Ethos mehr wert als jede Medaille auf der Brust. Ein rechter Soldat ist überdies einer, der noch im Sterben die amerikanische Flagge hisst, und idealerweise ist es ein goldjungenhafter Marlboro Man wie Robert Redford.

Als mit Orden und Folternarben ordentlich dekorierter Drei-Sterne-General muss Redford in „The Last Castle“ auf Grund eines Justizirrtums eine Zuchtstrafe absitzen, aber dafür darf er im Armeegefängnis dann einen allerletzten gerechten Krieg führen gegen den Drillmeister der Festung. Den spielt schwer atmend James Gandolfini, und wenn dieser Schreibtischoffizier in seiner Kontrollsuite Salieri hört statt Mozart, dann wissen wir auch: Das muss ein mediokrer Schuft sein. Prompt verknurrt er den General zum Steineschleppen, und Redford, der seine militärischen Erfahrungen selbstredend in Vietnam, am Persischen Golf und in Bosnien gesammelt hat, dankt es ihm, indem er seine Herkulesbrust ins Bild reckt wie im Römerfilm.

Man staunt dann allerdings weniger über die Brustbehaarung als über die Inbrunst der Häftlinge, wenn sie in Reih und Glied ein Soldatenlied anstimmen von Stolz und Freiheit des amerikanischen Volkes. Man staunt auch über die schiere Dummdreistigkeit von Regisseur Rod Lurie, der die Sträflinge im Hof mauern lässt, und der diesen Mauerbau auch noch allen Ernstes als Sinnbild des freien Geistes zelebriert.

Sein mild feministisches Wahlkampfdrama „The Contender“ schien eher das Werk eines besonnenen Liberalen zu sein, und nur Gary Oldman, der darin einen republikanischen Kongressabeordneten spielte, ließ damals verbreiten, „The Contender“ sei im Schneideraum zu einem linken Propagandafilm verarbeitet worden.

Doch das war gestern, und mit „Die letzte Festung“ serviert uns Lurie jetzt wohl die geistigen Früchte seiner Erziehung auf der Militärakademie West Point: eine Übung in vaterländischem Soldatenethos, die uns in kerzengeradem militärischem Pathos die Demut vor dem sternenbestickten Banner lehren will und die darum fast ebenso gut „Enduring Freedom“ heißen könnte oder „Infinite Justice“. Gerechtigkeit ist dem Film allerdings schon in den USA widerfahren. Er floppte.

FLORIAN KELLER

„Die letzte Festung“. Regie: Rod Lurie. Mit Robert Redford, James Gandolfini, Mark Ruffalo, Robin Wright Penn u. a. USA 2001, 131 Minuten