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: Was hinter einem Sodbrennen alles stecken kann

Die Refluxkrankheit

Man kennt das nach einer üppigen, fettreichen Mahlzeit oder einer durchzechten Nacht, vor allem mit viel Wein: das Auftreten von einem Brennen hinter dem Brustbein, auch Sodbrennen genannt. Meist handelt es sich dabei um etwas Vorübergehendes; bei regelmäßigem Sodbrennen jedoch – ungefähr zwei- bis dreimal die Woche – und bei möglicherweise ebenfalls regelmäßig auftretenden anderen Beschwerden wie saurem Aufstoßen, einem Druckgefühl hinter dem Brustbein, Schluckbeschwerden oder dem Rückfluss von Nahrungsresten besteht der Verdacht auf eine Refluxkrankheit. Oder gar, schwerwiegender und mögliche Folge einer Refluxkrankheit, auf eine Refluxösophagitis. Bei dieser hat sich die Schleimhaut in jenem Abschnitt der Speiseröhre entzündet, der den Übergang zum Magen bildet.

Bei der Refluxkrankheit handelt es sich um den gehäuften Rückstau von saurem Mageninhalt in die Speiseröhre. Dieser Rückstau resultiert aus einem gestörten Verschlussmechanismus des unteren Muskels der Speiseröhre, unterer Ösophagusspinkter genannt, der das Öffnen und Schließen der Speiseröhre zum Magen hin reguliert. Er schließt zu kurz oder zu schwach, er öffnet sich zu oft oder er ist falsch positioniert. Die Ursache dafür ist nicht geklärt. Diese Verschlussstörung heißt „primärer Reflux“.

Als „sekundären Reflux“ bezeichnet man bekannte Verschlussstörungen, deren Ursachen Alterungsprozesse sind, Magenentleerungsstörungen, Geschwüre, eine Schwangerschaft (fast die Hälfte aller Schwangeren erkrankt daran aufgrund der Erhöhung des Drucks im Innern der Bauchhöhle), Nahrungs- und Genussmittel wie Fett, Alkohol und Nikotin und auch Stress.

Schätzungen zufolge haben in Deutschland zehn Prozent der Bevölkerung Beschwerden, die an eine Refluxkrankheit denken lassen, der prominenteste Erkrankte dürfte Harald Schmidt sein. In den letzten dreißig Jahren hat die Erkrankung um das Zehnfache zugenommen, was an Ernährungsgewohnheiten liegt (man sagt auch, der Reflux sei eine Zivilisationserkrankung, trotz unbekannter Ursache für den primären Reflux). Aber auch am erhöhten Bewusstsein für die Erkrankung und der Verbreitung und besseren Beherrschung der Endoskopietechnik.

Hinsichtlich der Komplikationen im Zusammenhang mit der Häufigkeit ihres Auftretens gibt es eine Zehn-Prozent-Faustregel: Zehn Prozent der Refluxkranken entwickeln besagte Entzündung der unteren Speiseröhre. Man unterscheidet inzwischen Patienten, die eine endoskopisch-negative Refluxkrankheit haben, von denen mit einer endoskopisch-positiven-Refluxkrankheit. Bei wiederum zehn Prozent der Patienten mit der endoskopisch-positiven Refluxkrankheit, also einer Refluxösophagitis, kommt es zu gefährlichen Zellveränderungen in der unteren Speiseröhre, einer Zylinderzellmetaplasie. Diese sieht man als Vorstufe eines Karzinoms an, sie heißt auch, nach dem Chirurgen, der sie 1950 erstmals beschrieb, Barrett-Syndrom. Noch einmal zehn Prozent der Patienten mit einem Barrett-Syndrom entwickeln ein so genanntes Adenokarzinom der Speiseröhre. Alarmsymptome für Barrett-Syndrom und Adenokarzinom sind erhebliche Schluckbeschwerden, versteckte Blutungen im Stuhl oder eine Gewichtsabnahme.

Die Diagnose der Refluxkrankheit wird anhand der klinischen Beschwerden und mittels einer Magenspiegelung gestellt. Zumindest einmal im Leben sollten Patienten mit einer Refluxkrankheit endoskopisch untersucht werden. Obwohl ein Großteil von ihnen niemals entzündliche Schleimhautveränderungen aufweist, lassen sich diese nur so sicher ausschließen. Unklar ist, warum Patienten mit nur kurzer Anamnese schon ein Barrett-Syndrom haben, während andere jahrzehntelang Beschwerden haben und trotzdem keine Entzündung oder ein Karzinom entwickeln.

Neben Allgemeinmaßnahmen – Verzicht auf Alkohol, Zigaretten, Kaffee und Fett, Gewichtsreduktion, Schlafen bei hoch gestelltem Kopfende des Betts sowie in Rechtsseitenlage – kann man Refluxkrankheit und Refluxösophagitis erfolgreich therapieren mit so genannten Protonenpumpenhemmern wie zum Beispiel Omeprazol (Antra). Diese unterdrücken die Ausschüttung der Magensäure und versprechen bei ausreichender Dosierung über circa zwei Wochen hohe Heilungsraten. Mittel der zweiten Wahl sind Säureblocker wie Ranitidin und Cimetidin (beide Medikamentengruppen kommen auch bei Magen-Darm-Geschwüren zum Einsatz.)

Andere Mittel, die man auch bei leichteren Beschwerden ohne Entzündungszeichen einsetzt, sind die Motilitätstherapeutika. Sie steigern die Spannung des Ösophagusspinkters und fördern die Magenentleerung. Sowie die beliebten Antazida, die die Magensäure neutralisieren und gern auch ohne ärztlichen Rat eingenommen werden: Rennie räumt den Magen auf. Trotz guter medikamentöser Behandlungsmöglichkeiten kehrt die Refluxerkrankung in über der Hälfte der Fälle nach einem Jahr zurück. Bei häufigen Rückfällen sowie bei einer schweren Refluxösophagitis führt man deshalb eine Langzeitrezidivprophylaxe mit Protonenpumpenhemmern in geringerer Dosierung durch. GERRIT BARTELS

(wird fortgesetzt)