Gefahren eines Nato-Treibstoffs

Marion Hahn ist an Multipler Chemikalien-Sensitivität erkrankt. In ihrem Buch fordert sie von den Militärs Aufklärung

Die Krankheit ist schwer, und an ihr leiden weltweit Millionen Menschen. Trotzdem sind sich die Experten nicht darüber einig, wie sie eigentlich entsteht – die Multiple Chemikalien-Sensitivität (MCS). Nur eines ist klar: Die Erkrankten reagieren auf verschiedenste Chemikalien mit äußerst heftigen Symptomen – und eine Heilung ist nach dem derzeitigen Stand der Forschung praktisch ausgeschlossen. In ihrem neuen Buch veröffentlicht nun die Autorin Marion Hahn, selbst MCS-krank, ihre Theorie über die Ursache der Krankheit.

Für sie deuten viele Indizien auf den Militär-Treibstoff „JP-8“. Er ist vor allem beim US-Militär allgegenwärtig, Pipelines pumpen ihn durch die Nato-Länder. Und er hat allerhand Zusätze, deren genaue Zusammensetzung in bewährter Militär-Manier geheim gehalten werden. Immerhin bekannt ist, dass sich das stark gesundheits-, vor allem immunsystem-schädliche 1,2-Dibromethan darunter befindet.

Das Problem bei MCS wie bei den meisten solchen „komplizierten“ Krankheiten: Bewiesen im schulmedizinischen und gerichtsfesten Sinne sind weder Ursache noch Wirkungskette. Und angesichts der Zurückhaltung öffentlicher Stellen bei der Finanzierung von Forschung in diesem Bereich ist in nächster Zeit auch nicht mit einer Aufklärung zu rechnen.

Doch in die Falle, ihre These als bewiesen hinzustellen, tappt Hahn mit ihrem Buch nicht. Sie beschreibt einfach ihren Leidensweg von einer gesunden Frau zum körperlichen Wrack. Ein Umzug in die Militärregion Franken, die ersten Zusammenbrüche, Überreaktionen auf Substanzen, mit denen sie bisher keine Probleme hatte, das Unverständnis und vor allem die Unkenntnis vieler Ärzte. Was vor allem MCS-Patienten erstaunen dürfte: Ausgehend von der Annahme, dass der Militärtreibstoff die Ursache für ihr Übel ist, unterzog sie sich einer langwierigen Behandlung, die sie langsam wieder in ein mehr oder weniger normales Leben führt.

In MCS-Kreisen wird das Buch nicht nur auf Zustimmung stoßen, denn andere Kranke sehen sich durch andere Stoffgruppen wie zum Beispiel Holzschutzmittel geschädigt. Doch Hahn sammelt eben, was ihr aufgefallen ist, säuberlich mit Quellenangaben, und fordert Aufklärung. Dagegen dürften nur die etwas haben, die beim JP-8-Treibstoff etwas zu verbergen haben.

REINER METZGER

Marion Hahn: „Umweltkrank durch NATO-Treibstoff?“, 124 Seiten, Verlag Hardy Hohl, Heidelberg 2001, 16,80 €