DÄNEMARKS NEUE REGIERUNG ÜBERHOLT ÖSTERREICH UND ITALIEN RECHTS
: Fremdenfeindlichkeit als Programm

100 Tage lässt man neuen Regierungen im Allgemeinen Zeit, um im Amt warm zu werden. Dänemarks Rechts-ganzrechts-Regierung brauchte keine 50 Tage, um ihr wichtigstes Wahlversprechen einzuhalten. Ab sofort werden die Grenzen wegen „drohender Überfremdung“ dicht gemacht, „Sozialschmarotzer“ werden hinausgeworfen. Nein, für Dänemarks Regierende waren Fremdenfeindlichkeit und Ausländerhass nicht nur üble Vehikel, um die Wahl zu gewinnen. Sie sind ihr Programm.

Dänemark, eines der wohlhabendsten Länder im – mit globalem Maßstab gemessen – Wohlstandsparadies EU will sich in Zukunft allenfalls noch Ausländer leisten, die sich in der Wirtschaft profitbringend beschäftigen lassen. Und dann „dürfen es auch nicht allzu fremde Fremde sein“, wie Else Sörensen, Sprecherin der mitregierenden Konservativen einschränkt. Alle, die keine weißen, christlichen Computerexperten mit fließenden Dänischkenntnissen sind, sollen sich also in Zukunft am besten gar nicht erst blicken lassen.

Besonders erschreckend an diesem neuen, hässlichen Gesicht des einstmals als liberales Musterland gepriesenen Dänemark ist die offensichtliche Übereinstimmung quer durch alle Parteien und Gesellschaftsschichten. Warum die Dänen plötzlich unter Überfremdungsangst leiden, darüber zerbrechen sich die Analytiker noch die Köpfe. Das Fehlen einer Integrationspolitik sowie die Tatsache, dass man ausländische Arbeitnehmer noch in den Neunzigerjahren als vorübergehende „Gastarbeiter“ betrachtete und erst seit neuestem für sie einen eigenen Namen – „Neudänen“ – gefunden hat, stehen im Zentrum der Erklärungsversuche.

Derweil steht fest: Die rechtsnationalistischen Regierungen in Wien und Rom werden an der neuen dänischen Regierung ihre helle Freude haben. Zudem können sich dänische Rechtsaußen offenbar wesentlich mehr Freiheiten herausnehmen als österreichische oder italienische. Die wurden und werden angesichts kritischer Reaktionen aus anderen EU-Ländern schnell zum Rückzug gepfiffen. Rechte in Kopenhagen dagegen haben bislang ein erstaunlich weites Spielfeld, wenn es darum geht, ungestört gegen europäische Prinzipien und internationale Abkommen zu verstoßen. Europa scheint Dänemark nicht recht ernst zu nehmen – obwohl hier in Rekordzeit mehr an Fakten gesetzt wurde, als irgendwo anders auf der neuen Achse Kopenhagen–Wien–Rom. REINHARD WOLFF