US-Aufmarsch in Zentralasien

Russland drängt auf baldigen Abzug von US-Truppen, doch die richten sich erst richtig ein

MOSKAU taz ■ Noch im Dezember hatte der russische Präsident Wladimir Putin versichert, die amerikanischen Truppen würden nicht lange in Zentralasien bleiben. Doch obwohl der Krieg gegen den Terror in Afghanistan langsam zu Ende geht, machen die Amerikaner keine Anstalten, die für die Angriffe benutzten Militärbasen in Zentralasien zu räumen. Im Gegenteil: In der Nähe der kirgisischen Hauptstadt Bischkek bauen die Amerikaner einen Luftwaffenstützpunkt auf, der 3.000 US-Soldaten Unterkunft bieten soll. Neben Transportflugzeugen werden dort auch Kampfflugzeuge stationiert. Das kirgisische Parlament hat die amerikanische Präsenz für ein Jahr genehmigt, schon ist von Verlängerung die Rede. Für 25 Jahre wollen sich die Amerikaner laut russischen Presseberichten auf dem usbekischen Stützpunkt Chanabad einrichten. Für die Vermietung der Basis, wo heute 1.500 US-Soldaten stehen, soll Usbekistan Hunderte Millionen von Dollar bekommen.

Das offizielle Russland macht gute Miene zum bösen Spiel. Selbst das Verteidigungsministerium, das erst auf Druck Putins den Widerstand gegen eine US-Präsenz in Zentralasien aufgegeben hat, wiederholt noch immer die offizielle Version: Der Entscheid sei eine innere Angelegenheit der betreffenden Staaten; es sei möglich, dass die US-Truppen noch eine Weile blieben. Doch besteht kein Zweifel, dass auch der Kreml nach dem Ende der Angriffe auf Afghanistan einen raschen Abzug der US-Truppen erwartet. Klar fasste der Sprecher der russischen Duma, Gennadi Selesnjow, Russlands Position zusammen: Moskau wolle keine US-Basen in Zentralasien. Dies sei nicht in Russlands geopolitischem Interesse. Es müsse alles getan werden, um Zentralasien in der russischen Einflusssphäre zu halten.

Selesnjow erinnerte daran, dass zumindest Tadschikistan und Kirgisien sicherheitspolitisch an Moskau gebunden sind. Der kollektive Sicherheitsvertrag verbietet es den beiden Ländern, ohne Konsultationen mit den Partnerstaaten ausländische Truppen ins Land zu lassen. Zumindest Kirgisien scheint sich darum aber wenig zu scheren. In Bischkek sind viele der Ansicht, der bisherige Schutzherr Russland habe seine Rolle zu wenig ernst genommen, deshalb müsse sich das Land anderswo militärischen Schutz suchen. Die Zusammenarbeit mit den USA wird da als strategische Entscheidung und sicherheitspolitische Neuausrichtung betrachtet. Usbekistan gehört dem Sicherheitsvertrag mit Moskau nicht an, Taschkent ging früh auf Distanz zu Russland. So gesehen erfüllt sich mit dem US-Engagement in der Region für Usbekistan ein sicherheitspolitischer Traum. Gerade an dieses Land richtete sich das Versprechen des US-Vizeverteidigungsminister, die USA würden die Region nicht wieder vergessen: Man komme zurück, wann immer es nötig sei.

Damit bleiben als mögliche Allliierte Russlands in der Region Tadschikistan und Turkmenistan. Letzteres hält sich aus dem Spiel heraus, der autoritäre turkmenische Präsident Saparmurad Nijasow pocht auf die Neutralität seines Landes. In russischer Hand bleibt einzig das arme Tadschikistan. Den Flughafen von Duschanbe haben westliche Militärexperten dieser Tage als nicht geeignet für ihre Pläne befunden. So dürften die westlichen Soldaten dort mit dem Ende der Aktion gegen Afghanistan verschwinden. Der Kommandant der russischen Truppen, die in Tadschikistan die Grenze zu Afghanistan sichern, will ihnen das auch geraten haben: Sollten die Soldaten länger bleiben, drohte er, würden sie nicht mehr als Freunde betrachtet. ZITA AFFENTRANGER