NPD-Verbotsverfahren immer unsicherer

Weitere V-Leute des Verfassungsschutzes aufgetaucht. Regierung dementiert Gespräche über Otto Schilys Rücktritt

BERLIN taz ■ Die Zukunft des Verbotsverfahrens gegen die rechtsextreme NPD vor dem Bundesverfassungsgericht (BVG) in Karlsruhe wird immer unsicherer. Am Freitagabend wurde im Anschluss an eine Sitzung der für die Geheimdienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollkommission des Bundestages bekannt, dass mit dem NPD-Landesvorsitzenden in Nordrhein-Westfalen, Udo Holtmann, ein weiterer V-Mann des Verfassungsschutzes in den Verbotsanträgen zitiert wird.

Der Vizechef der Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach, berichtete, in den Verbotsanträgen seien mindestens drei weitere V-Leute erwähnt. Bosbach nannte die aus NRW stammenden NPD-Funktionäre Thorsten Crämer und Nico Wedding, die im Juli 2000 wegen eines Überfalls auf ein KZ-Mahnmal in Wuppertal verurteilt worden waren. Die Opposition reagierte mit scharfer Kritik an Bundesinnenminister Otto Schily (SPD). Die FDP-Bundestagsfraktion will nun über einen Ausstieg des Bundestags aus dem Verbotsverfahren abstimmen. Auch der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Ernst Benda, empfahl die Rücknahme der Verbotsanträge von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat. Die Anträge müssten „substanziell überarbeitet werden“. Die Bundesregierung ließ am Sonntag Berichte dementieren, Schily habe Kanzler Gerhard Schröder seinen Rücktritt angeboten. Schily selbst gab sich optimistisch: Das Verbotsverfahren sei nicht in Gefahr. Er drohte mit einem Boykott der Parlamentarischen Kontrollkommission, in der er die Quelle um V-Mann Holtmann vermutet: „Geheimnisverrat ist eine Straftat und kein Bagatelldelikt.“

ANDREAS WYPUTTA

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