Fast alle für das NPD-Verbotsverfahren

SPD und Grüne stützen Innenminister Schily. Auch die Union hält sich mit Kritik zurück: Auftritt im Ausschuss abwarten

BERLIN taz ■ Wie viele Vertrauensleute des Verfassungschutzes in den Verbotsanträgen gegen die rechtsextremistische NPD auftauchen, blieb gestern weiter unklar. Dennoch sprachen sich Vertreter von SPD, Grünen und Union für eine Fortsetzung des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht aus. Die FDP dagegen forderte Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat auf, ihre Verbotsanträge zurückzunehmen.

FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper unterstrich die Position ihrer Partei, die Auseinandersetzung mit der NPD müsse auf der politischen Ebene geführt werden. Auch der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele, erklärter Gegner des Verbotsverfahrens, sah sich durch die Affäre bestätigt: „Der NPD bieten sich jetzt ungeahnte Propagandamöglichkeiten. Niemand redet mehr über die NPD als Quelle von Rassismus und Gewalt“, sagte Ströbele der taz.

Die SPD wollte davon nichts hören. Das Verhalten der FDP sei „etwas seltsam“, meinte SPD-Generalsekretär Franz Müntefering. SPD-Fraktionschef Peter Struck forderte, der Kanzlerkandidat der Union, Edmund Stoiber (CSU), müsse für einen klaren Kurs im Verbotsverfahren sorgen: „Wenn sich die Union zu Gunsten vordergründiger Polemik gegen den Innenminister in die Büsche schlagen will, muss Stoiber das jetzt sagen“, sagte Struck. CDU-Chefin Angela Merkel stellte daraufhin klar, die Union wolle am NPD-Verbotsverfahren festhalten. Sie kritisierte aber, Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) habe durch seine Informationspolitik „einen Riesenschaden“ für das Ansehen Deutschlands verursacht. Forderungen nach personellen Konsequenzen erhob sie nicht: Zunächst müsse man den für Mittwoch geplanten Auftritt Schilys vor dem Innenausschuss des Bundestages abwarten.

Andere Unions-Spitzen äußerten sich ebenfalls nur vorsichtig zu Rücktrittsforderungen gegen den Innenminister. „Schily braucht von mir keine öffentlichen Ratschläge“, meinte der brandenburgische CDU-Chef und Landesinnenminister Jörg Schönbohm. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch ergänzte, es liege im gemeinsamen Interesse, sich keine „maßlose Blamage“ zu erlauben.

Der nordrhein-westfälische CDU-Chef Jürgen Rüttgers bestätigte dagegen Aussagen von CDU-Bundestagsfraktionsvize Wolfgang Bosbach, wonach die in den Verbotsanträgen erwähnten NPD-Funktionäre Thorsten Crämer und Nico Wedding, die im Juli 2000 wegen eines Überfalls auf ein KZ-Mahnmal in Wuppertal verurteilt wurden, V-Leute des Verfassungsschutzes seien. Ein Sprecher des Düsseldorfer Innenministeriums betonte, der NRW-Verfassungsschutz habe die Männer nicht geführt – die Verantwortung läge gegebenenfalls bei Bundesinnenminister Schily.

ANDREAS WYPUTTA