Wider Kulturklau

■ Alternative Provokation: Die Laut gegen rechte Gewalt-Tour im Grünspan

Eine zunehmend beliebte Methode, mit der die Neonazis ihr rechtes Gedankengut jungen Leuten schmackhaft machen wollen, ist die Aneignung von Musikstilen, die bislang ein eher progressives Publikum bevorzugte. Inzwischen fangen die rechten Strategen an, sich sogar über HipHop herzumachen, Rock muss in verschiedenen Ausformungen schon seit geraumer Zeit für den Transport rechtsradikaler Texte herhalten. Insofern ist die Alternative-Rock-Tour „Laut gegen rechte Gewalt“, die am heutigen Donnerstag im Grünspan gastiert, auch als eine Art Rückeroberung von Musikkultur gedacht. Den Fans von Alternative Rock, die ohnehin als aufgeschlossen gelten, liefern die Bands 4LYN, Substyle, Kungfu, Herzer, FreiTag und Cosmotron den entsprechenden Sound. Such a Surge, die von sich aus anboten, mitzuwirken, spielen dagegen erst auf den späteren Konzerten der Tour in den neuen Bundesländern.

Aus Sicht des Organisators Jörn Menge vom Büro Lärm sollen die Konzerte durchaus eine Provokation darstellen. Unter diesem Aspekt seien auch die Auftrittsorte ausgewählt worden. Mit dem Motto „gegen rechte Gewalt“ sind die Schreibtischtäter und rechten Drahtzieher genauso gemeint wie die Skins und Schlägertypen. Deswegen hat die Tour mit Hamburg, nach Neumünster zweite Station, die Hochburg der rechtsextremen Chefideologen ins Programm genommen. Bei der Konzeption hat man sich von der Amadeu-Antonio-Stiftung beraten lassen, die auch die Initiativen auswählt, denen der Gewinn aus den Eintrittsgeldern zugute kommt. „Wir wollen auch politisch in den Köpfen etwas bewegen“, sagt Menge. So stellen sich in den Umbaupausen jeweils lokale Anti-Rechts-Initiativen vor.

Es irritiert zunächst, dass unter den Sponsoren ausgerechnet der unter Skinheads beliebte Bekleidungshersteller Lonsdale auftaucht. Die früher gerade von britischen Punks gerne getragene, sozusagen ebenfalls dem Nazi-Kulturklau zum Opfer gefallene Modemarke will – wie auch die ähnlich gelagerte Textilfirma Fred Perry – durch die Unterstützung der Benefiz-Tour klar stellen, dass sie der Nazi-Ideologie ablehnend gegenüber steht.

Bekenntnisse wirken angesichts der rechtsextremistischen Terrorbanden manchmal etwas hilflos, was nicht heißt, dass sie sinnlos wären. Und Popkultur ist wirklich viel zu schade, um sie den Neonazis zu überlassen. Ariane Dandorfer

Donnerstag, 19 Uhr, Grünspan