Zunehmend restriktiv

Spätestens mit dem Wahlsieg der Rechten steht Italien vor einer restriktiven Wende, die schon in wenigen Wochen in Gesetzesform gegossen sein wird.

Einwanderungsgesetz? Dieses gibt es seit 1998, verabschiedet wurde es von der Mitte-links-Regierung. Zurzeit liegt dem Parlament ein neues Gesetz vor, dem der Senat schon zugestimmt hat.

Flüchtlingsschutz: Asylgründe gelten nur nach der Genfer Konvention, bis 1990 gab es Asyl sogar nur für „Ostblockflüchtlinge“. Italien hat aber immer wieder als Sonderweg auf „humanitären Schutz“ zurückgegriffen, 1973 gegenüber den Chilenen, später dann gegenüber Somalis und Balkanflüchtlingen.

Arbeitsmigration: Das Gesetz von 1998 führte eine Quotenregelung ein, der zufolge die Regierung jedes Jahr per Verordnung die Zahl der Zuwanderer festlegt. Letztes Jahr kamen auf diese Weise 63.000 Einwanderer legal ins Land. Eine spezielle Quote (10.000) war dabei für jene reserviert, die mit einem „Sponsor“ einwanderten: eine Person in Italien, die Unterkunft und Unterhalt für ein Jahr garantiert. Während dieser Zeit konnte der Immigrant sich Arbeit suchen. Diese „Sponsoren“-Quote wird mit dem neuen Gesetz abgeschafft, ins Land kommt nur noch, wer schon einen Arbeitsvertrag in der Tasche hat. Hauptbranchen sind Tourismus und Landwirtschaft; für sie hat die Rechtsregierung im laufenden Jahr die Zuwanderung von knapp 40.000 Saisonarbeitskräften bewilligt. Feste Arbeitsplätze werden vor allem in der Industrie geboten (noch keine Quoten für dieses Jahr, da die Regierung erst die Verabschiedung des neuen Gesetzes abwarten will). Italien sucht dagegen bisher kaum nach hoch qualifizierten ausländischen Arbeitskräften.

Nachzugsalter: Kinder konnten nach dem Gesetz von 1998 generell nachziehen, auch wenn sie älter als 18 waren. Das neue Gesetz beschränkt den Zuzug durch die Festlegung auf 18 Jahre.

Integration: Außer der Schulpflicht, die auch für Kinder von illegalen Einwanderern gilt, gibt es keine verpflichtenden Normen. Integrationsanstrengungen halten sich sehr in Grenzen und werden der freiwilligen Sozialarbeit überlassen.

Einbürgerung: Es ist sehr schwer für Zuwanderer, die italienische Staatsbürgerschaft zu erlangen. Einwanderer müssen zehn Jahre lang ununterbrochen legal im Land gelebt haben, bevor sie Italiener werden können. Faktisch ist der einzige Weg die Heirat. In den letzten Jahren wurden pro Jahr etwa 10.000 Ausländer eingebürgert, 80 Prozent von ihnen durch Heirat. Die doppelte Staatsbürgerschaft ist seit 1990 möglich. Diese Norm wurde allerdings vor allem für die Auslandsitaliener in Argentinien, Europa, den USA etc. eingeführt, nicht für die nach Italien kommenden Migranten.

Politische Debatte: Diese spielte eine große Rolle, da die Rechte mit dem Begriffspaar „illegale Einwanderung/Kriminalität“ Wahlkampf machte. Ergebnis ist das jetzt vorliegende, restriktive Gesetz; unter anderem wird illegaler Grenzübertritt zum Straftatbestand und werden Einwanderer nur noch mit Arbeitsvertrag ins Land gelassen. Umstritten war vor allem der Umgang mit Illegalen. Mitte-Links setzte zwar auch auf Abschiebungen, tolerierte aber faktisch die Präsenz von Illegalen. Die Rechte dagegen predigt „Null Toleranz“.

MICHAEL BRAUN