Das rot-grüne Energiejubiläum

Um 60 Prozent stieg die installierte Windkraftleistung im Jahr 2001. Grundlage des Erfolges ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das vor zwei Jahren in Kraft trat. Grüne wollen es im Wahlkampf besonders hervorheben. Doch droht auch Gefahr

Das EEG fördert nicht nur den Technologie-export – es ist selbst ein Exportschlager

von NICK REIMER

Was im Fußball selbst Optimisten Deutschland nicht zutrauen, gelingt auf anderem Gebiet mühelos – und das seit Jahren: Die Bundesrepublik ist Weltmeister der Windenergienutzung. Mittlerweile ist weltweit jede dritte aus Windkraft erzeugte Kilowattstunde eine deutsche, die installierte Leistung stieg im vergangenen Jahr um 60 Prozent. Waren Anfang letzten Jahres noch 6.095 Megawatt am Netz, so sind es jetzt schon knapp 9.000.

Der Erfolg hat einen Namen, und der heißt „Erneuerbares-Energien-Gesetz“ (EEG). Gestern vor zwei Jahren trat es in Kraft und zeigt für Bundesumweltminister Jürgen Trittin den „sichtbarsten Ausdruck dessen, was in den letzten Jahren unter Rot-Grün passiert ist“ – die eingeleitete Energiewende. Mittlerweile sei die Windkrafttechnologie nicht nur ein gefragter Exportschlager, „das EEG ist selbst zu einem solchen geworden“, so der Bundesumweltminister. Spanien oder Frankreich etwa hätten „abgeschrieben“ und ähnliche Regelungen auf den Weg gebracht.

Der wesentliche Unterschied des EEG zu anderen Fördersystemen in Europa ist, dass keine Quote, sondern ein Festpreissystem eingeführt wurde. Im Prinzip erhalten alternative Stromer für unbegrenzte Mengen eine Einspeisevergütung, die auf alle Deutschen umgelegt wird. „Durch das EEG verteuert sich der Strompreis um 0,1 Cent pro Kilowattstunde, was einen privaten Haushalt jährlich mit 3,50 Euro belastet“, rechnet die bündnisgrüne Energiepolitikerin Michaele Hustedt vor. Kosten, die angesichts von 60.000 neuen Arbeitsplätzen zu verkraften seien – und auch nicht ungewöhnlich: „In der Steinkohle werden jährlich 50.000 Jobs mit 4 Milliarden Euro subventioniert“, so Hustedt.

Das Windergebnis des vergangenen Jahres bestätigt einen Trend zur Größe: Die Zahl der installierten Anlagen nimmt ab, während die installierten Leistungen steigen. Nur noch die Hälfte der reichlich 2.000 aufgestellten Windräder ist kleiner als die 1,5-Megawatt-Klasse. Zu den Marktführern kann offensichtlich nur gehören, wer solche Anlagen offeriert. An der Spitze liegt nach wie vor der Primus Enercon mit 27,7 Prozent Marktanteil – allerdings längst nicht mehr so deutlich wie noch vor einigen Jahren. Vor allem Vestas (19,8 Prozent) und Micon (11,6 Prozent) holten kräftig auf.

Eine am Gründonnerstag vorgestellte Studie des Deutschen Windenergie-Institutes (DEWI) belegt, dass im Jahr 2010 mit rund 22.000 Megawatt Windkraft gerechnet werden kann. Das entspricht ungefähr 15 Atomkraftwerken der Größe Brokdorfs. Schon in diesem Jahr prognostiziert das Institut mit neu installierten 2.900 Megawatt einen weiteren Rekord. Allerdings warnt der Bundesverband Erneuerbare Energien, dass das rasante Wachstum gefährdet werden könnte – etwa durch Fachkräftemangel oder durch immer knapper werdende Standorte an Land. Eine Einschätzung, die das DEWI teilt. „Deutsche Hersteller werden nur bestehen können, wenn sie sich auf den Weltmarkt konzentrieren“, sagt Institutsleiter Jens Peter Molly.

Die Windriesen sind deshalb dabei, internationale Märkte zu erschließen – mithilfe der Bundesregierung, die Ende Februar eine „Exportinitiative Erneuerbare Energien“ startete. Von der Deutschen Energie-Agentur koordiniert, soll sie vor allem Exportinformationen bereitstellen und eine Vernetzung bestehender Strukturen beschleunigen.

„Wir werden das Erneuerbare-Energien-Gesetz stark im Wahlkampf herausheben“, versprach Michaele Hustedt zum Geburtstag des EEG. Was ein konservativer Regierungswechsel für den Wachstumssektor „Grüne Energien“ bedeuten kann, habe Dänemark gezeigt. Eine der ersten Amtshandlungen der neuen Regierung war im Januar, die Forschungs- und Subventionsgelder zusammenzustreichen – rückwirkend zum Jahresanfang.