new wave, einzelkämpfer etc.
: Fad Gadget, Pionier der Elektrotanzmusik, ist tot

Der skurrile Authentiker

Als er im letzten Sommer im Vorprogramm von Depeche Mode und vor wenigen Wochen im Berliner Casino sein Comeback feierte, da wehte sie einen fast weg, die Präsenz von Fad Gadget aka Frank Tovey auf der Bühne. Sein imposantes Kostüm aus schwarzen Federn, sein zerfurchtes Gesicht – das ließ nicht nur die Herzen derer schmelzen, die vor zwanzig Jahren in schwarzen Kutten vor die Haustür gingen. Vor allem war es die exaltierte Show Fad Gadgets, wie er sich immer wieder in die Menge warf, sein bizarres Geschrei aus dem Affenhaus, dass jeder denken musste: was für ein skurriler Authentiker, was für ein Draufgänger. Ein humorvoller Einzelkämpfer, der sich noch lange nicht verabschieden würde. Dachte man.

Frank Tovey, gerade mal Ende Vierzig, ist am 3. April völlig überraschend tot in seinem Haus in London aufgefunden worden. Ausgerechnet er musste zuerst sterben, der nie zu dem Ruhm gekommen ist, den er verdient hätte. Frank Tovey war als Fad Gadget ein Pionier der elektronischen Tanzmusik, mit Human League und Cabaret Voltaire einer der ersten, die aus Alltagsgeräuschen Musik gemacht haben. Mit seiner ersten Single „Back to Nature“ von 1979 ging die englische Plattenfirma Mute von Daniel Miller an den Start. Alison Moyet, die später mit Yazoo berühmt wurde, war seine Background-Sängerin. Der Song, mit dem Fad Gadget geteert und gefedert bei Peter Illmann in Formel Eins erschien, „Collapsing New People“, wurde in einem veränderten Arrangement als „People are People“ zum Durchbruch von Depeche Mode, die zuvor in seinem Vorprogramm gespielt hatten. Die aggressiven Images, die er erfand, machten so unterschiedliche Bands und Musiker wie den Nine Inch Nails, Marilyn Manson oder sogar Aphex Twin zu gefeierten Gesamtkunstwerken.

Trotzdem: Die Art, wie Fad Gadget weitermachte, wie er als Frank Tovey auch mal eine traditionelle Folkplatte aufnahm und zuletzt in Interviews über seine Lust sprach, wieder elektronische Musik zu machen, das wirkte nicht bitter. Bei ihm hatte es etwas Elegantes, wie er die anderen an sich vorbeiziehen ließ. Darum wurde er geliebt und oft von Musikern als Einfluss genannt. Bei seinen letzten Konzerten ließ Fad Gadget nie das Gefühl aufkommen, er könnte Teil eines blutleeren Revivals der Achtzigerjahre sein. Darum wird er fehlen.

SUSANNE MESSMER