EU: Alte Radios einsammeln

Europaparlament verabschiedet Elektronikschrott-Richtlinie, die voraussichtlich 2006 national umgesetzt sein soll. Vermittlungsverfahren bis September notwendig

BRÜSSEL taz ■ Die Elektronikschrott-Richtlinie hat gestern im Europaparlament eine entscheidende Hürde genommen. In zweiter Lesung sprach sich die nötige qualifizierte Mehrheit der Abgeordneten dafür aus, EU-einheitlich strenge Regeln für den Umgang mit kaputten Toastern, Computern oder Waschmaschinen einzuführen.

75 Prozent Gewichtsanteil der ausgedienten Altgeräte müssen recycelt werden, wenn die Richtlinie – voraussichtlich 2006 – national umgesetzt ist. Verbraucher dürfen den Schrott nicht mehr in den Hausmüll werfen sondern müssen ihn ins Elektrogeschäft zurückbringen. Den Mitgliedsländern ist freigestellt, zusätzlich kommunale Sammelstellen im Gesetz vorzuschreiben. In Holland, wo es bereits ein Elektronikschrott-Gesetz gibt, werden 10 Prozent des anfallenden Mülls in Läden gebracht, 90 Prozent wandern in die Container der Sammelstellen.

„Das ist total gut gelaufen“, bewertete der grüne Europaabgeordnete Alexander de Roo den vom Parlament formulierten Entwurf gegenüber der taz. Das Abstimmungsergebnis zeige einen Sinneswandel innerhalb des Parlaments: Früher sei eine Mehrheit gegen das Verursacherprinzip gewesen, nach dem der Produzent für die sachgemäße Entsorgung seiner Altprodukte zuständig ist. Jetzt sei deutlich gemacht: Der Verursacher von Umweltbelastungen muss finanziell für die Folgen einstehen.

Ohne das Verhandlungsgeschick des konservativen Abgeordneten Karl-Heinz Florenz wäre das Ergebnis nicht zustande gekommen. Er hatte industriefreundliche Mitglieder seiner Fraktion davon überzeugt, dass nur das Verursacherprinzip den gewünschten finanziellen Anreiz bietet, künftig recyclingfreundliche Produkte entwickeln. Dass das Problem den Europäern über den Kopf wächst, bestreitet auch die Branche nicht. Phillips versuchte noch vor einem Jahr, massiven Druck auf die Abgeordneten auszuüben, jetzt hat sich der Konzern mit der Richtlinie abgefunden.

Sechs Millionen Tonnen Elektroschrott fielen 1998 in der EU an. Die Rate steigt um drei bis fünf Prozent jährlich. Allerdings wollen Kommission und Rat der Industrie längere Übergangsfristen gewähren als die vom Parlament eingeräumten 30 Monate nach Inkrafttreten. Differenzen gibt es auch bei der Recyclingquote und der gesammelten Schrottmenge – das Parlament verlangt 6 Kilo pro Kopf und Jahr, der Rat will nur 4 anstreben. Spätestens im September muss der Vermittlungsausschuss einen Kompromiss finden, wenn die Richtlinie nicht scheitern soll. DANIELA WEINGÄRTNER