Sozialstandards sichern die Zukunft

Immer mehr Firmen achten auf die Lage ihrer Arbeiter. Anders hätten sie auf dem Markt keine Chance

BERLIN taz ■ Lydia Jebauer-Nirschl von der Carl-Duisberg-Gesellschaft in Köln ist optimistisch: Zwar würden die meisten Kunden beim Kauf von Hemd und Hose sich weiterhin vor allem am Preis orientieren, zugleich nehme jedoch das Bewusstsein für andere Kriterien zu.

So hätten fast alle großen Bekleidungsketten bereits einen Code von Kriterien, nach denen sie produzieren lassen, und „die überwachen sie minutiös“. Nicht aus Nächstenliebe, sondern „weil sie langfristig keine andere Chance haben. Sozialstandards sind eine Investition in die Zukunft.“

Skandale wie beim Schuhproduzenten Deichmann, dessen Gerber in Indien laut Fernsehbildern barfuß in giftigen Essenzen stehen sollen, könne sich keiner mehr leisten. Jebauer-Nirschl: „Da geht der Umsatz in kürzester Zeit total zurück.“ Hinzu kommen harte ökonomische Argumente: Arbeiter, die gut behandelt werden, sind in der Regel „produktiver“ als solche, die überarbeitet und unzufrieden sind. Geschäftspartner, die sich selbst zur Einhaltung bestimmter Standards verpflichten, sind oftmals zuverlässiger als solche, die darauf verzichten.

Ein Bewusstsein für soziale Standards will die Carl-Duisberg-Gesellschaft (CDG) auch in Ländern vermitteln, in denen für die Märkte Europas und der USA produziert wird. In Seminaren erklären deutsche Mitarbeiter zusammen mit einheimischen Beratern die Unternehmer, Gewerkschafler oder Entwicklungsverbände über die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) auf. Dazu gehören Mindestlöhne, Arbeitszeiten, Kündigungsschutz bei Krankheit, das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit und Versammlungsfreiheit. Die Normen bilden die Grundlage für die Standards. Und die seien in vielen Ländern noch längst nicht Gesetz, sagt Jebauer-Nirschl, die das CDG-Projekt „Sozialstandards in Südostasien“ leitet. „In Burma zum Beispiel gibt es noch Zwangsarbeit.“

Für die Kunden in Deutschland ist es weiterhin schwer, den Weg ihrer Jeans vom Baumwollstrauch bis ins Geschäft nachzuvollziehen. Die ILO hat inzwischen 200 Labels überprüft und herausgefunden, dass die meisten auf Kriterien basieren, die zu „rund 85 Prozent“ übereinstimmten.

Darüber hinaus ließen sich laut ILO drei Sorten von Labels unterscheiden: Regeln, die zwischen Industrie und Gewerkschaften oder Nichtregierungsorganisationen (NGO) vereinbart werden, solche, in die auch die Regierung eingewilligt hat, sowie von den Unternehmen „selbst gemachte“. KATHARINA KOUFEN