FDP: Der Spaß hat ein Ende

FDP-Prominente von Graf Lambsdorff bis Klaus Kinkel verlangen den Ausschluss des Neumitglieds Karsli aus der Partei wegen dessen antisemitischer Äußerungen. Möllemann hält an Karsli fest

BERLIN taz ■ Die Aufnahme des mit antiisraelischen Äußerungen aufgefallenen früheren Grünen Jamal Karsli in die FDP führt zu einer Zerreißprobe in der Partei. Mehrere prominente FDP-Mitglieder forderten den Ausschluss Karslis. Der Ehrenvorsitzende Otto Graf Lambsdorff sagte der taz: „Das beschädigt auch das außenpolitische Renomee der FDP, das wir uns in vielen Jahrzehnten durch liberale Außenminister erworben haben.“

Der Kreisverband Recklinghausen hatte am Mittwochabend den Landtagsabgeordneten Karsli in die Partei aufgenommen, obwohl dieser unter anderem Israel „Nazimethoden“ vorgeworfen hatte. Lambsdorff nannte Karslis Aufnahme „eine schwere politische Fehlentscheidung“ seiner Partei. „Ich sage klar und deutlich: Die Aussagen von Herrn Karsli waren nicht nur antiisraelisch – eine israelische Regierung darf man kritisieren –, sie waren antisemitisch. Und so jemand gehört nicht in eine liberale Partei.“

Hildegard Hamm-Brücher drohte gegenüber der taz mit ihrem Parteiaustritt, „wenn die Bundespartei jetzt nicht ein Ausschlussverfahren gegen Herrn Karsli einleitet“. Einen Parteiausschluss forderten auch der frühere Außenminister Klaus Kinkel und die Vizechefin der FDP-Bundestagsfraktion, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

Welchen Anteil die Bundesspitze an der Aufnahme Karslis hatte, blieb gestern unklar. Der frühere Wirtschaftsminister Helmut Haussmann berichtete von einer Absprache zwischen dem Bundesvorstand und dem NRW-Landesvorstand. „Die beiden stellvertretenden Landesvorsitzenden aus NRW, Frau Flach und Herr Pinkward, haben uns in die Hand versprochen, dass Herr Karsli keine Aufnahme in die FDP findet“, sagte Haussmann der taz. FDP-Chef Westerwelle vereinbarte mit dem NRW-Landeschef Möllemann eine Sondersitzung des Landesvorstandes am 3. Juni. Der späte Zeitpunkt lässt eine Revision der Aufnahme Karslis unwahrscheinlich erscheinen. Möllemann begrüßte die Aufnahme Karslis: „Der Kreisverband hat entschieden, jetzt gehen alle an die Arbeit.“

Bei einem Gespräch der FDP-Führung mit dem Zentralrat der Juden konnte Westerwelle weder den Vorsitzenden Paul Spiegel noch seinen Vize Michel Friedman von der Forderung abbringen, die FDP müsse sich von Karsli trennen.

Das vehemente Echo in der Partei dürfte Westerwelle überraschen, der einen Konflikt mit Karslis politischem Paten Möllemann bisher vermieden hatte. Der Konflikt könnte auch die Diskussion um die Ausrichtung der FDP als „Spaßpartei“ neu beleben. Der FDP-Finanzpolitiker Carl-Ludwig Thiele sagte der taz: „An dieser Stelle hört der Spaß auf.“ AH/PAT

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