fdp und antisemitismus
: Für eine Hand voll Stimmen

Jamal Karsli hat ausgerechnet der rechten Jungen Freiheit ein antisemitisches Interview gegeben. Die „zionistische Lobby“, so Karsli, habe „den größten Teil der Medienmacht in der Welt inne und kann jede noch so bedeutende Persönlichkeit kleinkriegen“. Die Juden ziehen im Hintergrund die Fäden und vernichten ihre Gegner. Das und nichts anderes bedeutet dieser Satz. Von dort bis zu der Fantasie von der klandestinen jüdischen Weltverschwörung, die uns alle bedroht, ist es nur ein ganz kleiner Schritt.

Kommentarvon STEFAN REINECKE

Ist Karsli, wie der allwissende Michel Friedman meint, deswegen „ein Antisemit“? Oder ist Karslis Aussage in atemloser Empörung über die Lage in Palästina entstanden? Das ist schwer zu beurteilen – und nicht wichtig.

Jamal Karsli, den nun die FDP in Nordrhein-Westfalen an ihr weites Herz drückt, hat sich mit diesem Satz ins Abseits manövriert. Wohlgemerkt: Es geht nicht um Polemik gegen Scharon. Darüber muss man ohne Tabus und Verdächtigungsrhetorik debattieren. Hier geht es um ein antisemitisches Klischee – darüber kann man nicht streiten. Wer so redet, hat in den etablierten Parteien nichts zu suchen.

Durchgesetzt haben dieses Verbot die Alliierten in den 50ern – übrigens ausgerechnet gegen jene damals von Altnazis unterwanderte FDP in NRW, die Karsli nun aufnimmt. Seitdem wird dieser segensreiche Grundsatz einigermaßen befolgt. Er hat unter anderem dafür gesorgt, dass uns ein erfolgreicher Antisemitismus à la Haider und Le Pen erspart geblieben ist.

Die Liberalen wollen das offenbar ändern. Sie betreiben ein mieses Spiel – und haben alle Aussichten, damit erfolgreich sein. In Deutschland haben etwa 15 Prozent der Wähler ein rechtsextremes Weltbild, und noch mehr glauben, dass die Juden hierzulande sowieso zu viel zu sagen haben. Sie sollen FDP wählen – das ist die Botschaft von Westerwelle und Möllemann. Allen Dementis zum Trotz.

Nein, die FDP ist keine antisemitische Partei geworden. Sie verhält sich in vermintem Gelände so wie immer: opportunistisch. Sie möchte mit antisemitischen Stimmungen kokettieren. Und dabei ihre Reputierlichkeit bewahren.

Was nun? Es ist die Pflicht der politischen Klasse, inklusive der Union, der Spaßpartei FDP klar zu machen, dass ein kleines bisschen Antisemitismus und Staatsmannpose nicht zusammenpassen. Der Antifaschismus ist Teil der deutschen Staatsräson. Das gilt auch vor Wahlen. Und auch für die Stimmungskanonen in der FDP-Führung.