„Enquetekommission war voller Erfolg“

Ein Nationaler Ethikrat muss beim Parlament oder beim Bundespräsidienten angesiedelt sein, fordert die Kommission

Auch wenn in vielen Fragen die Meinungen der 26 Mitglieder der Enquetekommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“, nicht in Einklang zu bringen waren, in einem Punkt scheint Konsens zu bestehen: „Die Enquetekommission war ein voller Erfolg.“ Und auch der Ruf des aus je zur Hälfte mit Bundestagsabgeordneten und Fachexperten zusammen gesetzten Gremiums „war ein recht guter“, fasste die Kommissionsvorsitzende Margot von Renesse (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung des Abschlussberichtes zusammen.

Jenseits von den umstrittenen biomedizinischen Problemfeldern – Forschung mit embryonalen Stammzellen, therpeutisches und reproduktives Klonen, Gentests, pränatale Diagnostik, Präimplantationsdiagnostik und Biotech-Patente hat sich die Kommission auch ausgiebig damit beschäftigt, wie am besten der gesellschaftliche Diskurs zu führen ist. „Dass die sozialen und ethischen Implikationen der modernen Medizin die Gesamtheit der Bürgerinnen und Bürger angeht, sei nahezu unbestritten“, heißt es unter dem Kapitel „Diskurs und Partizipation“ in dem über 500 Seiten umfassenden Enquetebericht. Die ethischen Bewertungen seien „gerade nicht an Expertinnen und Experten zu delegieren“. Die Bürger müssten an den Beratungen beteilt werden. Deutlich herausgestellt wird in dem Abschlussbericht jedoch auch, dass die Letztentscheidung nur beim Parlament liegen kann. Diese Aufgabe kann weder ein vom Bundeskanzler eingesetzter Nationaler Ethikrat noch von anderen Fachgremien übernommen werden. Ihre Aufgabe beschränkt sich auf die Politikberatung.

Mit kritischen Blick auf den Nationalen Ethikrat fordert die Enquete ein, dass der Bundestag auch bei der Besetzung von Gremien beteiligt wird, die zum Beispiel die Bundesrepublik bei internationalen Orgnisationen vertritt oder auch nur die Aufgabe übertragen bekommen haben, die „öffentliche Diskussion“ zu fördern. Konkret heißt das, diese Gremien sind „beim Parlament oder beim Bundespräsidenten“ anzusiedeln. Der Nationale Ethikrat ist das nicht.

Eine erste Bewährungsprobe, ob der Enquetebericht von der Bundesregierung ernst genommen wird, steht noch vor der Bundestagswahl an. Am Mittwoch entschied das Europäische Parlament, dass EU-Forschungsmittel auch für die Forschung mit embryonalen Stammzellen oder Embryonen ausgegeben werden dürfen. Selbst Projekte, die in Deutschland strikt verboten sind und nach dem Empfehlungen der Enquete auch verboten bleiben sollen, wie etwa das therapeutische Klonen und die Herstellung von Embryonen für die Forschung, dürften demnach mit EU-Mitteln und somit auch deutschen Steuergeldern finanziert werden. Es wird sich zeigen, ob die Bundesregierung dagegen angehen wird. WOLFGANG LÖHR