Ohren auf Durchzug stellen

Wer Mutter wird, muss auch mal drohen können – drei Regeln für die Frau

Die Bilanz sieht so aus: Zwei zertrümmerte Türfüllungen (Milchglas), 14 Mal mit Scheidung gedroht, ein halbes Dutzend Mal wütend das Haus verlassen, 83 Mal die Ohren einfach auf Durchzug gestellt – und das alles innerhalb der ersten Jahre, als unsere Kinder noch klein waren.

Eine Kleinfamilie, in der beide Partner berufstätig sein wollen, ist ein Abenteuertrip. Meine erste Regel lautet daher: Eine genetisch vorbestimmte weibliche Zuständigkeit für den Haushalt gibt es nicht. Waschmaschine? Eine technische Angelegenheit, mit der Männer hervorragend umgehen können. Kochen? Na, welchen Geschlechts sind denn die Spitzenköche? Männer können außerdem nachweisbar besser räumlich denken – sie sind also durchaus geeignet, die Reinigung der Wohnung mit zu übernehmen. Das Entscheidende ist, die eigene Schmutzschwelle auf gleicher Höhe zu lassen mit der des Angetrauten.

Die traditionelle Rollenverteilung drängt sich vielen Paaren nach wie vor geradezu auf, und darin liegt die größte Gefahr. Ich war nach der Geburt des ersten Kindes arbeitslos und demzufolge zu Hause, mein Mann ackerte in seiner Firma, die gerade boomte. Logisch, dass er abends immer später kam und ich immer mehr Zeit mit dem Kind alleine zu Hause verbrachte.

Daraus folgt meine zweite Regel: Im Zweifelsfall einen farbigen „Betreuungsplan“ aufstellen und sich nicht um angebliche „Zwänge“ scheren. Auf unserem Kalender markierte jeder die Zeit, die er zu Hause war. Die kurzen Striche meines Mannes überzeugten auch ihn, seine Abend- und Übernachttermine zu reduzieren. Hätte er das nicht getan, wäre ich gegangen. Ohne die Kinder. Jedenfalls für ein paar Tage. Eine Frau muss auch damit drohen können.

Ich fing schon bald an, als freie Journalistin schlecht bezahlte Ratgebertexte für ein Wirtschaftsmagazin zu schreiben. Die Arbeit war weit weniger interessant als mein früherer Job. Trotzdem half es mir, später eine bessere Stelle zu kriegen.

Daraus folgt meine dritte Regel: Man muss sich manchmal scheinbar „unvernünftig“ verhalten. So reduzierte mein Mann seine Arbeitszeit, obwohl die Firma boomte. Ich schrieb langweilige Magazintexte, obwohl ich den Verdienst gleich wieder an die Tagesmutter durchreichen musste. Unsere „Irrationalität“ hat sich gelohnt. Niemand fühlt sich heute benachteiligt. Und wir haben ein paar neue Massivholztüren eingebaut. Alles ist stabil.

DIE MUTTER