Gegen Bush – aber richtig

von THILO KNOTT
und STEFAN KUZMANY

1. Sie sind gegen Krieg.

Wer ist das nicht? George W. Bush würde Ihnen da auch gar nicht widersprechen wollen.

2. Für George W. Bush heißt „Europa“ einfach nur „Yurp“. Sie sind gegen diese Verrohung der englischen Sprache.

Leider werden Sie die Sprachkompetenz des US-Präsidenten während der kurzen Zeit seines Deutschlandaufenthalts nicht wesentlich verbessern können. Achten Sie also darauf, dass Ihre Forderungen auf den Transparenten leicht lesbar und verständlich sind. Wie so oft gilt auch hier: Keep it simple.

3. Sie fordern die Beteiligung der USA am Internationalen Strafgerichtshof.

Das wird verdammt eng. Dieses Wortungetüm bekommen Sie doch niemals auf ein einziges Transparent. Bilden Sie Plakatgemeinschaften.

4. Sie wollen, dass sich die USA endlich über die Folgen ihrer verheerenden Umweltpolitik klar werden und umkehren.

Nehmen Sie eine dicke Zigarre mit zur Kundgebung – Cohiba wäre bei solch einem Staatsbesuch angemessen. Blasen Sie den Rauch konsequent in die Richtung, in der Sie George W. Bush vermuten. So lange, bis er hustend zusammenbricht und das Kioto-Protokoll zum Klimaschutz endlich ratifiziert.

5. Sie sind gegen die Verdummung westlicher Gesellschaften und plädieren für einen höheren Intelligenzquotienten bei Politikern.

Bleiben Sie lieber zu Hause. Bei George W. Bush beißen Sie mit dieser Forderung doch nur auf Granit.

6. Sie haben Vorbehalte gegen den amerikanischen Konsumterror.

Lassen Sie Ihre Nike-Sneakers zu Hause (obwohl Sie damit schneller wären). Kommen Sie nicht gerade mit einer Levy’s oder Calvin-Klein-Jeans (obwohl das natürlich besser aussähe). Erkennen Sie: Ihre Marke sind immer noch Sie selbst. Kommen Sie nackt.

7. Sie sind engagiertes Mitglied der IG Metall.

Verurteilen Sie die amerikanischen Zölle auf europäische Stahlimporte in die USA. Boykottieren Sie im Gegenzug amerikanische Produkte aller Art.

8. Sie halten George W. Bush für das Böse an sich.

Vorsicht. Ziehen Sie anständiges Schuhwerk an (nicht Nike-Sneakers). Schreiben Sie sich die Telefonnummer Ihres Anwalts auf Ihren Handrücken (auf der Handfläche verschwitzt die Nummer nur). Vergessen Sie nicht Zitronen und Taschentücher gegen das drohende Tränengas. Die deutsche Polizei und die Leibwächter des Präsidenten werden Sie gnadenlos verfolgen. Denn George W. Bush denkt genauso über Sie wie Sie über ihn.

9. Sie haben etwas gegen die kulturelle Hegemonie der USA.

Dann vergessen Sie für den Moment, jemals Bob Dylan und Crosby, Stills, Nash & Young oder Madonna gehört zu haben. Singen Sie George W. Bush stattdessen deutsche Schlager vor. Aber nicht Nicoles „Ein bisschen Freiden“, da denkt er doch nur an den Nato-Doppelbeschluss, und der ist lange her. Lieber Drafi Deutschers „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht“. Wenn wir es uns recht überlegen: Am besten wäre es wohl doch, Sie singen etwas Amerikanisches, aber Amerika-Kritisches. Zum Beispiel Frank Zappas „America Drinks & Goes Home“.

10. Sie sind für Israel.

Halten Sie George W. Bush vor, den Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat nicht wegen der Selbstmordattentäter zur Rechenschaft gezogen zu haben.

11. Sie sind für Palästina.

Halten Sie George W. Bush vor, Israels Präsidenten Ariel Scharon und dessen Besatzungspolitik nicht Einhalt geboten zu haben.

12. Sie sind generell für Frieden im Nahen Osten.

Halten Sie George W. Bush vor, sich nicht wirklich um den Nahen Osten zu kümmern.

13. Sie halten die Betonung der besonderen Rolle Berlins in der transatlantischen Freundschaft für Heuchelei.

Kaufen Sie sich eine Tüte Rosinen und werfen Sie deren Inhalt nach 54 Jahren endlich wieder auf „den Amerikaner“ zurück. It’s Pay-back-Time.

14. Sie haben etwas gegen die unverbrüchliche Treue des großen Beschützers.

Dann kündigen Sie diese Treue auf und schreiben Sie auf Ihr Plakat: „Wenn George W. Bush ein Berliner ist, will ich keiner sein.“

15. Sie wollen George W. Bush auf die Schippe nehmen und sich mit Cowboyhut, Kaugummi und rauchenden Faschingscolts maskieren.

Lassen Sie das. Nicht dass George W. Bush Sie sieht und auf die Idee kommt, Sie wollten mit Ihrer Verkleidung uneingeschränkte Solidarität bekunden.

16. Sie sind gegen den Vietnamkrieg.

Kaufen Sie sich einen Kalender. Sie werden feststellen: Sie sind einige Jahre zu spät dran.

17. Sie sind gegen den drohenden Angriff der Vereinigten Staaten von Amerika auf den Irak.

Ein ehrenwertes und dabei einfach zu realisierendes Unterfangen. Greifen Sie zurück auf Ihr Repertoire aus den Zeiten von Bush senior. Stauben Sie Ihre alten Laken ab. Ziehen Sie die Konturen von „Kein Blut für Öl“ nach. Und den Schlachtgesang haben Sie doch auch noch drauf: „Hopp, hopp, hopp, Saddam, lauf Galopp – Bush hinterher, dann ist die Wüste leer.“ Sie können zwischen „George“ und „Bush“ natürlich noch jeweils ein „Dabbeljuh“ malen.

18. Sie sind gegen den Weltpolizisten USA.

Darin sind Sie einig mit der Mehrheit der US-Amerikaner. Protestieren Sie, was das Zeug hält. Aber halten Sie sich dann auch das kommende Wochenende frei. Lösen Sie ein Bahnticket nach Brüssel und fordern Sie die EU auf, endlich mal Gegengewicht zu sein, sich eine richtige eigene Armee aufzubauen und Bin Laden einzufangen.

19. Apropos: Sie sind gegen Ussama bin Laden.

Dann singen Sie frei nach Beck: „You’re a loser, baby, that’s why you won’t kill him.“ So viel Hohn und Spott wird Bush nicht auf sich sitzen lassen können.

20. Sie wissen nicht, gegen was Sie demonstrieren wollen.

Sprechen Sie mit Ihrer Bezugsgruppe.