Tunesien: Des Präsidenten neue Verfassung

Staatschef Ben Ali will nach drei Amtsperioden erneut kandidieren. Das verbietet die Verfassung. Das Volk soll dies per Referendum gutheißen

MADRID taz ■ Der tunesische Präsident Zine al-Abidine Ben Ali kann nicht genug bekommen. Nach geltender Verfassung müsste der 1987 durch einen Putsch an die Macht gekommene ehemalige Sicherheitschef 2004 den Ruhestand antreten. Drei Mandate sind gesetzlich als Obergrenze festgelegt. Doch der mit diktatorischen Vollmachten herrschende Ben Ali ist damit nicht einverstanden. Kurzerhand lässt er die Verfassung ändern.

Künftig darf Präsident werden, wer jünger als 75 Jahre ist. Ben Ali selbst ist 65. Mit der neuen Verfassung hat er also zwei Extrarunden im Palast des Staatschefs in Karthago vor sich. Die neue Verfassung wird am kommenden Sonntag den 3,6 Millionen Wählern in einem Referendum zur Abstimmung vorgelegt.

Ben Ali möchte seinem Land einen demokratischen Anstrich geben. So wird die Wahl des Staatschefs künftig zumindest auf dem Papier pluralistisch sein und wie in Frankreich in zwei Wahlgängen stattfinden. Außer der Amtsverlängerung für sich selbst sieht das Gesetz eine zweite Kammer vor, in der die Regionen und Berufsstände repräsentiert sein sollen. Ben Alis Einheitspartei RCD wird auch diese Kammer wie bisher schon das Parlament mit absoluter Mehrheit beherrschen. Denn eine legale Opposition im Lande ist praktisch inexistent. Zudem wird der Verfassungsrat personell aufgestockt. Diese Institution soll die Einhaltung der Verfassungsgrundsätze überwachen. Damit dies im Sinne Ben Alis geschieht, ernennt er sechs der neun Mitglieder direkt. Bei den restlichen drei handelt es sich um die drei höchsten Richter. Auch sie werden vom Präsidenten eingesetzt.

Zwar machen die wenigen Oppositionellen, die nicht hinter Gittern sitzen oder im Exil leben, gegen die neuen Verfassung Front. Doch an einem Sieg des Ja zur neuen Verfassung zweifelt keiner. Ben Ali hat in den letzten 15 Jahren all seine Wahlen mit über 99 Prozent gewonnen. Und falls jemals irgendjemand auf die Idee kommen sollte, Ben Ali für diesen jahrelangen Wahlbetrug und die Repression zur Verantwortung zu ziehen? Auch hier sorgt die neue Verfassung vor: „Der Präsident besitzt Immunität während und auch nach seiner Amtszeit.“

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