Gegessen wird, was ins Regal kommt

Nur langsam greifen die Reformen in der Verbraucherpolitik. Dem verunsicherten Käufer bleibt nur blindes Vertrauen

Der Verbraucher muss alles schlucken, das ist nun mal so in der Ernährungsbranche. Immerhin wurde nach diversen Nahrungsmittelskandalen darauf ein wenig reagiert. Das Landwirtschaftsministerium heißt seit Ende 2000 Verbraucherschutzministerium, und die grüne Ministerin punktet auch regelmäßig mit schlagfertigen Antworten und inhaltlichen Vorstößen. In einer gestern vorgelegten Bilanz „Eineinhalb Jahre neue Verbraucherpolitik“ stellte die Verbraucherzentrale Bundesverband, die Dachorgansiation der Verbraucherverbände, denn auch „eine deutlich verschärfte Lebensmittelüberwachung“ und „neue Instrumente beim gesundheitlichen Verbraucherschutz“ fest (www.vzbv.de).

Der Bundesverband fordert auch, dass das neue Verbraucherinformationsgesetz schnell verabschiedet wird. Es räumt dem Kunden etwas mehr Auskunftsrechte zum Beispiel über die Zusammensetzung von Lebensmitteln ein. Die Unions-regierten Länder hatten es im Bundesrat im ersten Anlauf scheitern lassen und an den Vermittlungsausschuss überwiesen. Gestern nun überwies die rot-grüne Mehrheit im Ausschuss das Gesetz unverändert an den Bundesrat zurück. Die Union hat prompt angekündigt, dass sie auch im zweiten Anlauf dagegen stimmen werden – ein schönes Geschenk für Rot-Grün im Wahlkampf, weil die Union so als der große Verhinderer des Verbraucherschutzes dasteht.

Aber auch mit Verbraucher-Info-Gesetz liegen die meisten Kontrollkompetenzen nach wie vor in der Zuständigkeit der Länder. Erst langsam wird ein bundesweiter Überbau geschaffen, der die Informationen bündeln soll. Was den ansonsten gewieften Esser beim Nitrofen-Skandal so verunsichert, ist die scheinbare Ausweglosigkeit: Betroffen ist bisher vor allem Biokost – auch wenn bisher kein Experte eine schlüssige Antwort hat, woher die mysteriösen Kontaminationen wirklich stammen. Wohin ausweichen? Immerhin wird der Nitrofen-Skandal stärkere Kontrollen mit sich bringen und eine geeinte Ökobranche. Die muss nämlich um ihr Überleben kämpfen und wird so die diversen kleineren Differenzen erst einmal hintenanstellen.

Und eines ist klar: Wer Bio kauft, liegt weiterhin richtig. Denn Biobauern produzieren bessere Nahrungsmittel mit weniger Energieeinsatz, praktisch keinem Gifteinsatz auf dem Acker und haben überwiegend schärfere Tierschutzvorschriften als ihre konventionellen Kollegen. REINER METZGER