faz-lokalteil macht zu
: Letzte Seiten

„So birgt sich im Gestern das Morgen.“ In diesem Duktus hätte in Berlin nur ein Blatt das eigene mehrtägige Fehlen kommentiert: die Berliner Seiten. Tasächlich erschien letzte Woche die Frankfurter Allgemeine Zeitung wegen Druckerstreiks an mehreren Tagen in einem Großteil ihrer hiesigen Auflage ohne ihren wortverliebten Lokalteil. Ein Menetekel: Die Leser werden sich an das Fehlen der ambitionierten Beilage gewöhnen müssen. Am 1. Juli ist Schluss.

Kommentar von ROBIN ALEXANDER

Ein faszinierendes Produkt waren sie schon, die anfangs acht, später nur noch vier Seiten für Berlin und Brandenburg. Ausgerechnet die äußerlich sprödeste der deutschen Tageszeitungen hatte ein seltsames Kind geboren: Kultur und Politik flossen ineinander, oft auch Nachricht und Kommentar. Was die Redakteure nicht interessierte, fand nicht statt in den Berliner Seiten. Berliner Kiez- und Milieubefindlichkeiten blieben dem Leser erspart. Die Sicherheit, umfassend informiert zu sein, gab es nur im Programmteil.

Nach einem kreativen Start hatte der Spaß zuletzt deutlich abgenommen: Als Experiment waren die Berliner Seiten klasse, als Zeitung zu oft verzichtbar – und viel zu geschmackvoll, um das Zentralorgan der neuen Berliner Mitte zu werden. Die Seiten boten nur die täglich neu veröffentlichte Frankfurter Vorstellung davon.

Letzlich scheiterte die Beilage an der Ökonomie: Bei wegbrechenden Anzeigen sind die Zeiten für journalistische Kür eben vorbei. Bleibt die Pflicht, ein Berlin zu beschreiben, das es wirklich gibt. Das kann auch jenseits von Morgenpost, Tagesspiegel und Berliner Zeitung funktionieren: Nicht mit dem abgehobenen Blick – sondern mit dem anderen.