Bericht entlastet Erfurts Polizei

Vorläufiger Abschlussbericht zum Amoklauf am Gutenberg-Gymnasium: Opfer ohne Überlebenschance. Ordnungsamt hätte schon nach Waffenkauf einschreiten müssen

ERFURT afp/ap/taz ■ Acht Wochen nach dem Amoklauf von Erfurt sind die Ermittlungen weitgehend abgeschlossen. Thüringens Innenminister Christian Köckert (CDU) legte gestern in Erfurt den vorläufigen Abschlussbericht über die Bluttat am Gutenberg-Gymnasium vor. Dafür wurden insgesamt mehr als 500 Menschen, darunter rund 250 Schüler, als Zeugen vernommen.

Der 19-jährige Robert Steinhäuser hatte am 26. April innerhalb von höchstens zehneinhalb Minuten zwölf Lehrer, eine Sekretärin, zwei Schüler und einen Polizeibeamten und später sich selbst erschossen. Dem Bericht zufolge hätten die Opfer selbst bei einer sofortigen medizinischen Notversorgung keine Überlebenschance gehabt. Mit Blick auf das Motiv für die Tat verwies Köckert auf die Zeugenaussage eines Handwerkerlehrlings. Auf dessen Frage, ob dies ein übler Scherz sei, habe der Täter die Maske abgenommen und erklärt, er sei von der Schule verwiesen worden.

Der Bericht stützt außerdem die Darstellung des Lehrers Rainer Heise, der Steinhäuser in einem Zimmer eingeschlossen und die Polizei informiert hatte. Dass es zwischen Heise und dem Täter zu einem Gespräch kam, wie der Lehrer es dargestellt hatte, wurde durch den Polizeibericht aber nicht bestätigt.

Köckert verteidigte gestern das Vorgehen der Polizei. Auf die Frage, warum die Durchsuchung und Evakuierung des Gymnasiums erst rund eine Stunde nach der Tat begann und zweieinhalb Stunden andauerte, verwies der Innenminister auf die „geradezu labyrinthartige Architektur des Gebäudes“. Zudem habe die Polizei davon ausgehen müssen, dass es einen zweiten Täter gab. Man habe dann versucht, die Kinder nicht an den herumliegenden Leichen vorbeizuführen, „was nicht immer möglich war“.

Der Bericht bestätigte, dass Robert Steinhäuser die Pistole und die Pumpgun legal gekauft hatte. Er hatte den Waffenerwerb aber nicht bei den Behörden gemeldet. Köckert gestand ein, dass es der Täter versäumt hatte, den Kauf seiner Waffen der Ordnungsbehörde anzuzeigen. Da das Ordnungsamt über den Kauf durch den Verkäufer im Oktober 2001 informiert worden war, hätte es gegen Steinhäuser vorgehen müssen. Warum dies nicht geschah, wird zurzeit dienstrechtlich ermittelt.

Nach Angaben von Köckert gab es nach der Tat allein in Thüringen mehr als 80 Fälle von „Trittbrettfahrerei“. Dabei habe es sich zumeist um Drohanrufe gehandelt. UWE SOUKUP