Alles nur „Fiction“?

Das KünstlerHaus am Deich geht ab heute auf kulturelle Zeitreise ins Jahr 2052

„Szuper Gallery“. Dieser Name ist schon ein Begriff in der Bremer Kulturszene. Bereits im vergangenen Jahr gab es eine Ausstellung mit Video-Dokumentationen dieser Gruppe im KünstlerHaus am Deich zu sehen. Im Rahmen des Jahresprojektes „Naming a practice – Eine Praxis benennen“ sind sie wieder da. „Gallery Fiction“ ist der Titel des Projektes, das in Kooperation mit StudentInnen des Ateliers für Zeitmedien der Hochschule für Künste (HfK) Bremen entwickelt wurde und bis zum 4. August im KünstlerHaus zu sehen ist.

Diesmal wurden KünstlerInnen, GaleristInnen, MuseumsdirektorInnen und KritikerInnen in einer Projektion auf die Zukunft befragt: Wie sieht die Zukunft der Galerien und Museen im Jahr 2052 aus? Was wird sich verändern? Wie verändern sich die Aussstellungspraktiken und Strategien? Wie entwickelt sich die Beziehung zwischen Wirtschaft und Künstlern?

Die Antworten wurden zu einem etwa einstündigen Film zusammengeschnitten. In offener Erzählstruktur und oftmals ohne konkrete Antworten geben elf Bremer Kulturschaffende ihre Visionen, Hoffnungen, Anregungen und Ängste wieder, unterbrochen von Kurzfilmen der HfK-StudentInnen, die die Interviews kommentieren sollen. Susanne Clausen und Pawlo Kerestey von „Szuper Gallery“ bestätigen allen Beteiligten großen Realismus. Kerestey: „Alle Visionen sind realisierbar. Es gibt viele interessante Ideen, die gar nicht so utopisch sind.“

Überhaupt wurden mehr positive Utopien als Horrorszenarien für 2052 ausgemacht. Eva Schmidt, Leiterin der Gesellschaft für aktuelle Kunst (GAK), ist eine der Befragten. Sie sieht „Museen als Denkmäler ihrer Zeit“. Vor einem fließenden Kaleidoskop aus zerlaufenden intensiven Farben sitzend prognostiziert sie für 2052: „Es gibt kein Fernsehen mehr.“ Der Videokünstler Christian Meyer fürchtet, „der Mensch entwickelt sich geistig zurück!“ Aber auch die Vision, dass Künstler eines Tages dafür bezahlt werden, dass sie nicht mehr arbeiten, wird in den Raum gestellt. Das räumlich nüchterne Szenario und die Antworten geben dem Besucher Raum für eigene Gedanken und Visionen.

Wer den rundum betonierten Ausstellungsraum betritt, sieht zunächst nur das Ausstellungsplakat. Hinter der Plakatwand verbirgt sich ein kleines Minikino (mit leider schlechter Akustik). Hier werden die Interviews und Kurzfilme gezeigt. Die bei den Interviews zwischendurch eingeworfenen Nachfragen an die Befragten sind oftmals nur sehr leise zu hören und schwierig zu verstehen. Auch wird nicht klar, welche Rolle die zwischendurch eingespielten Kurzfilme einnehmen sollen. Bilden sie tatsächlich einen Kommentar zu den geführten Interviews? So wird zum Beispiel eine Blaskapelle gezeigt, die musizierend durch eine mit Kopfstein bepflasterte und maroden Häusern gesäumte Straße zieht. An anderer Stelle zeigt Mathias Bösche von der HfK Bremen Ausschnitte des Filmes „Rocky“, die im Kampf und in der Entwicklung eines Künstlers Parallelen mit dem Boxer ziehen.

Auch die Ausstellungsbesucher werden aufgefordert, die Frage „Wie sieht der Kunstbetrieb im Jahr 2052 aus?“ zu beantworten. Hierzu werden im „Neuen Museum Weserburg“, dem „Focke Museum“ und dem „Café Grün“ Videotrailer gezeigt. Was mit diesen und den Antworten der InterviewpartnerInnen passiert, bleibt leider offen. Mehr als ein „die Ausstellung wird später noch in München gezeigt“ und „wir wollen auch Befragungen zu diesem Thema in anderen Städten machen“, war von den Verantwortlichen nicht zu hören.

Fazit: „Gallery Fiction“ zu besuchen, lohnt sich. „Szuper Gallery“ und die Studenten der HfK haben sich einem spannenden Thema gewidmet. Nur sollte dieser Film nicht irgendwo in der Kiste verschwinden. Er kann Kulturschaffenden und Kulturverantwortlichen in Sachen „Kunst und Zukunft“ Anregungen und Ideen aufzeigen. Diese Chance sollten alle Beteiligten nutzen!

Viola Christina Mull

Bis 4. August 2002 im Galerie im KünstlerHaus Bremen, Am Deich 68/69, 28199 Bremen,Mi – Fr 15 – 18 h, So 12 – 15 h