„Vor jedem Trog gibt es Neid“

Streit um Einfluss und 15 Millionen Euro: Margot von Renesse, Abgeordnete der SPD im Bundestag, zu den anhaltenden Querelen um die Magnus-Hirschfeld-Stiftung

taz: Frau von Renesse, Sie waren für Ihre Fraktion federführend beim Bundestagsbeschluss zur Magnus-Hirschfeld-Stiftung. Wie erklären Sie sich die Zänkereien um diese Einrichtung?

Margot von Renesse: Manche Kollegen, nicht nur aus der Opposition, können schlecht mit der entschiedenen Verhandlungsart von Volker Beck umgehen. Ich konnte mit ihm immer gut, aber vielleicht schätzen nicht alle seine Art, mit sehr genauen Vorstellungen in parlamentarische Beratungen zu gehen.

Kooperierten Sie denn gut?

Ja, immer. Aber ich konnte immer gut mit Kollegen, die klar sagen, welche Position sie einnehmen. Bei der Besetzung des Kuratoriums war ich aber auf die Vorschläge von Volker Beck weitgehend angewiesen, denn mir fehlten die Kenntnisse. Mir lag vor allem daran, dass der Verband der Eltern homosexueller Kinder mit aufgenommen wird – der ist als Scharnier zur nichthomosexuellen Welt wichtig.

Also ist es nur Zoff um einen streitbaren Charakter?

Nein, das wollte ich nur erwähnen, weil der restliche Streit ganz natürliche Ursachen hat: Ein Kuratorium zu benennen geht nie ohne Wunden ab – denn immer gibt es Organisationen, die sich übergangen fühlen.

Im Falle des schwul-lesbischen Jugendnetzwerks Lambda scheint es eine berechtigte Klage zu sein: Immerhin hat es ebenso viele Mitglieder wie der Lesben- und Schwulenverband.

Ich finde deren Arbeit wichtig. Aber wenn man Lambda aufgenommen hätte, wäre der Anspruch der Organisation der 40+-Männer gekommen – und deren Mitglieder sind besonders von den früher sehr starken Diskriminierungen betroffen. Jugend an sich ist ja kein Wert.

Aber weshalb denn Organisationen wie der Völklinger Kreis, ein Zirkel schwuler Unternehmer und Manager?

Der Völklinger Kreis hat sich sehr stark für Homoprojekte engagiert und auch im Bundestag Lobbyarbeit geleistet. Das entsprach den Anforderungen des Stiftungsprofils. Aber als Sozialdemokratin hätte ich natürlich Ärger gekriegt, wenn ich nicht auch eine Gewerkschaft aufgenommen hätte, bei der eine ähnlich aktive Gruppe tätig ist.

Man hätte sich auch anders, weniger zugunsten der von Volker Beck favorisierten Gruppen entscheiden können.

Volker Beck hat nicht alle seine Favoriten durchsetzen können. Es ist aber doch immer das Gleiche: Man muss sich für die einen entscheiden – und damit gegen andere. Zu Unrecht glauben manche Verbände, sie könnten ihre Arbeit aus Stiftungsgeldern finanzieren, wenn sie nur einen Sitz im Kuratorium hätten. An jedem gefüllten Trog gibt es Neid – vor allem bei jenen, die dort keinen Platz bekommen.

INTERVIEW: JAN FEDDERSEN