Das Scheitern der Möchtegern-Mafia

Schutzgeld-Erpressung in Bremen-Nord: Amtsgericht Blumenthal verurteilt zwei junge Erwachsene zu Bewährungsstrafen

„Ist Ihnen klar, dass Sie hier beinahe Ihre ganze Zukunft aufs Spiel gesetzt haben?“

„Das ist keine Kleinkriminalität mehr“, stellte Christian Zorn, Richter am Amtsgericht in Bremen Blumenthal, klar. Zwei 20 und 24 Jahre alte Männer hatten einem Kneipenbesitzer angedroht, seinen Club in Stücke zu schlagen, wenn er sie nicht mit ausreichend Bargeld versorgte – „Erpressung“ in den Augen des Jugendschöffengerichts. Es verurteilte die geständigen Angeklagten gestern zu zwei beziehungsweise anderthalb Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung.

Am Abend des 8. März waren die beiden Nachwuchs-Mafiosi im deutsch-türkischen Kulturverein in der Friesemannstraße in Bremen-Blumenthal aufgekreuzt. 1.000 Euro forderten sie vom etwa gleich alten Geschäftsführer der Kneipe – „sonst machen wir deinen Club platt“. Mit dem Geld wollten sie nach eigenen Angaben ihre Mobilfunkrechnungen, das Fitnessstudio und eine bevorstehende Verlobungsfeier finanzieren.

Die Idee zum mafiösen Nebenverdienst hatte der 20-jährige Mojtaba M. „Er war der Drahtzieher der ganzen Geschichte“, gab sich das Gericht überzeugt. Auch sein vier Jahre älterer Komplize Bilal M., inzwischen Elektriker-Geselle und nach Ansicht des Richters „eigentlich ein vernünftiger Kerl“, hatte keine sonderlichen Skrupel: Der Kneipier, so waren die Erpresser überzeugt, handele mit Drogen und habe das Geld daher sowieso nicht rechtmäßig erworben. Der herzkranke und eingeschüchterte Clubbesitzer zahlte die geforderte Summe noch am selben Abend. „Ich hatte viel Angst“, erklärte er gestern.

Ermutigt vom schnellen Erfolg tauchten die Angeklagten bereits am Tag darauf zum zweiten Mal in der Friesemannstraße auf. Forderung diesmal: 500 Euro. Richter Zorn: „Klassische Schutzgeld-Erpressung.“

„Ich hab’ ihnen gesagt: ‚Ich habe kein Geld‘“, schilderte der Bedrohte gestern den zweiten Besuch der Erpresser. Die Antwort sei jedoch unmissverständlich ausgefallen: „Du musst bezahlen.“ Auf Anraten von Freunden sei er schließlich zur Polizei gegangen.

Die Antwort der Erpresser war unmissverständlich: „Du musst zahlen“

Die Beamten wollten die Verdächtigen auf frischer Tat ertappen: Sie borgten dem Kneipenwirt die 500 Euro. Als der Erpresste dann einige Tage später zur Geldübergabe zu den Möchtegern-Mafiosi ins Auto stieg, warteten die Kripo-Beamten bereits um die Ecke.

„Dass die Polizei dem Treiben ein Ende bereitet hat, kann man nur als Glück für die Angeklagten bezeichnen“, sagte Richter Zorn. Denn bis zu diesem Zeitpunkt, das wurde gestern bei der Zeugenvernehmung klar, hatten die Angeklagten den Kneipenwirt noch nicht persönlich bedroht. „Ich habe kein Messer gesehen“, korrigierte der die Version der Staatsanwaltschaft. Statt auf „räuberische Erpressung“ – Mindeststrafe drei Jahre Knast – erkannte das Gericht daher nur auf „Erpressung“. „Ist Ihnen eigentlich klar, dass Sie da wegen ein paar hundert Euro beinahe Ihre ganze Zukunft aufs Spiel gesetzt haben?“, fragte Zorn. Die Angeklagten kleinlaut: „Das war ein großer Fehler.“ Armin Simon