Global handeln, lokal denken

Eigentlich wollte das Abgeordnetenhaus in einer aktuellen Stunde über die Lehren des Elbhochwassers für Berlin debattieren. Doch nur zu schnell war man beim UN-Umweltgipfel in Johannesburg und beim Wahlkampf angelangt

„Wahlkampf, nichts als Wahlkampf“, sagte FDP-Fraktionschef Martin Lindner

Abgeordnetenhaus des Landes Berlin heißt das Parlament in der Niederkirchnerstraße. Um hiesige Politik soll es dort gehen. „Berlins Verantwortung nach dem Hochwasser“ hieß denn auch die gestrige aktuelle Stunde des Parlaments zum Klimaschutz. Der FDP-Abgeordnete Erik Schmidt allerdings mochte den Blick nicht derart begrenzt halten. Beim UN-Gipfel in Johannesburg müsse der politische Mut gefunden werden, Hindernisse zu überwinden, Lösungen zu finden, so der Ratschlag des 25-Jährigen aus dem Landesparlament an die Welt. Einen Berliner Aktionsplan forderte er namens der FDP. Der soll „einzelne Maßnahmen bündeln“ und „Defizite aufzeigen“. Wie, das sagte er nicht.

Auf höherer Ebene wähnte sich nicht allein Schmidt. PDS-Frau Gesine Lötzsch lief sich schon für ihren künftige Rolle als Lichtenberger Bundestagsabgeordnete warm. Der Verzicht auf die vorgesehenen neuen Transportflugzeuge der Bundeswehr könnten Milliarden Euro sparen und für den Klimaschutz verfügbar machen. Doch seit wann entscheidet der Landtag über Militäreinkäufe?

„Wahlkampf, nichts als Wahlkampf“, brach es aus FDP-Fraktionschef Martin Lindner heraus. Viel musste seine Partei in der Debatte einstecken. „Unvergessen sind doch Ihre Gaga-Aktionen mit Gratisbenzin an der FDP-Tankstelle und einem dauerfröhlichen Westerwelle“, hielt Grünen-Fraktionschef Wolfgang Wieland Lindner vor. „Sie wollen nicht weniger, sondern mehr Kohlendioxid-Emissionen.“

Wieland zitierte zudem angesichts der Flutkatastrophe aus dem Liberalen-Programm, wonach in der Schifffahrt Maßnahmen gegen den niedrigen Wasserstand ergriffen werden müssten. Die Grünen fordern vom Bund, auf Ausbau von Flüssen und Kanälen zu verzichten.

Ohne Wahlkampf kam auch Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) nicht aus. Ausdrücklich lobte er den grünen Umweltminister Jürgen Trittin für seine Atomausstiegspolitik, bevor er seine bekannten Zahlen zu verringertem Abfallberg und Wasserverbrauch und Kohlendioxid-Ausstoß abspulte.

Auch der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz wechselte von Kritik an Bezirksstadträten, die Schulen ihren Anteil an eingesparten Energiekosten vorenthalten würden, bald zum Stoiber’schen Kompetenzteam ohne Umweltbeauftragten. Das zog seitens der CDU den viel gehörten Verweis auf den früheren Job von Parteichefin Angela Merkel als Umweltministerin nach sich. Überhaupt mochte der umweltpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Uwe Goetze, die Furcht vor Stoiber nicht verstehen: Bayern habe doch als erstes Bundesland 1972 ein Umweltministerium gehabt. STEFAN ALBERTI