Ein Bauer trifft den Gott im Kornfeld

Seit „The Sixth Sense“ dreht M. Night Shyamalan Variationen desselben Films. Die neueste heißt „Signs“

Rrrumms! Wenn die Außerirdischen schließlich in „Signs“ vom Himmel fallen, landen sie mit einem dumpfen Knall, und es ist ein Wunder, dass sie angesichts ihrer metaphorischen Last überhaupt wieder aufstehen können. Doch diese grünen Männchen sind auf einer Mission, also erheben sie sich, terrorisieren die Menschheit, wie es sich gehört, und geben sich allergrößte Mühe, an ihrer symbolischen Bedeutung nicht zu zerbrechen.

Es scheint, als sei Regisseur M. Night Shyamalan seit „The Sixth Sense“ von einer höheren Macht dazu verdammt worden, ständig Variationen des immergleichen Filmes zu drehen. Stets geht es darin um Verlust und Glauben, stets wird der Zuschauer in die Irre geführt, stets gelingt es Shyamalan in den letzten Minuten, die gelungenen anderthalb Stunden davor mit leichter Hand zu blamieren. Dieses Mal erzählt er die Geschichte des ehemaligen Priesters und edlen Bauern Graham Hess, der offensichtlich derart edel ist, dass man ihn nie bei der Ausübung seines eigentlichen Handwerks sieht.

Mel Gibson gibt diesen Mann, dessen bäuerliches Dasein sich darauf zu beschränken scheint, bei Nacht durch Kornfelder zu streifen, wo er gleich in der ersten Szene auf seinen asthmatischen Sohnemann Morgan trifft. „Ich glaube, Gott hat es getan“, sagt der Junge zu ihm, worauf die Kamera andachtsvoll gen Himmel schwenkt und man am Horizont Kreise in Kornfeldern erblickt, die, auf die Seite gedreht, ein bisschen wie das Wörtchen „Go“ aussehen. Kein schlechter Hinweis. Doch vielleicht wollte Shyamalan auch „Gott“ ins Getreide schreiben? Vielleicht waren die Felder einfach zu klein?

Denn „Gott“ gibt es in „Signs“ ein Menge. Jeder dekorativ geknickte Halm soll in Shyamalans religiöser Parabel letztlich die Existenz des Allmächtigen beweisen, an den das abtrünnige Schäfchen Hess nach dem Unfalltod seiner Frau nicht mehr glaubt.

Um diesen kopfschrägen Plot nicht sofort der Lächerlichkeit preiszugeben, führt Shyamalan durch seinen Film, als hätte er etwas zu verbergen. Vielleicht hat er sich gedacht, dass seine Zuschauer nicht daran interessiert sind, Mel Gibson dabei zuzuschauen, wie er um Glaubensfragen ringt. Vielleicht war er der Annahme, sie wollten ihn lieber beim Zweikampf mit Außerirdischen beobachten. Vielleicht hat Shyamalan damit sogar Recht. Doch wie immer es auch gewesen sein mag, in dem Moment, in dem die Ausmaße des Unfugs offenbar werden und der Feldzug der Aliens sich als Mittel zur Glaubensfindung entpuppt, ist „Signs“ wenig mehr als ein Witz.

Zuvor ist Shyamalan allerdings um Spannung bemüht. Weil er weiß, dass die Dinge, die man nicht sieht, oft gruseliger sind, als die, die man sieht, lässt er fast den gesamten Film über das Licht ausgeknipst und die intergalaktischen Kornfeld-Künstler weitgehend aus dem Spiel. Auf der Hess-Farm ist es immer Nacht, seltsamerweise sogar am Tag. Logisch, dass auch die Hess-Kinder sich irgendwie komisch benehmen. Sie vermeiden Blickkontakt, sprechen mit tiefer, monotoner Stimme, und Bo, die kleine Tochter, trinkt ihre Gläser mit Wasser aus Angst vor Vergiftung nur zur Hälfte aus. Dann sehen sie auch noch viel fern, weil CNN die Invasion so informativ überträgt. Und während auf der Welt die dollsten Dinger passieren, bleibt Shyamalan mit Familie Hess vor dem Bildschirm auf der Couch und guckt zu, wie sie so gucken. Interessant.

Es gibt viele Möglichkeiten, einen Ufo-Film zu drehen. Roland Emmerich wählte mit „Independence Day“ den großen, genialen Weg des hirnlosen Spaßes. M. Night Shyamalan wollte den klügeren Weg wählen. Und landete letztlich bei einem erheblich dümmeren. HARALD PETERS

„Signs – Zeichen“. Regie: M. Night Shyamalan. Mit: Mel Gibson, Joaquin Phoenix, Rory Culkin u. a. USA 2002, 106 Minuten