Gegen alle Vorbehalte und Verbote

Der Humor aber, der ist britisch: In Gurinder Chadhas „Kick it Like Beckham“ setzt sich eine junge London-Inderin als Fußballerin durch – seine Deutschlandpremiere hat das Feelgood-Movie heute beim Filmfest Hamburg

von HEIKO KAMMERHOFF

„Die Briten“, sagte John Cleese kürzlich im Interview, „lachen über eine komische Situation. Die Amerikaner warten auf einen komischen Satz, der ihnen das Signal zum Lachen gibt.“ Der Altmeister transatlantischen Humors muss es ja wissen. Als Vollblutbrite würde er es sicherlich schätzen, was bei Gurinder Chadhas Fußballkomödie Kick it Like Beckham, der heute Abend beim Filmfest Deutschlandpremiere hat, an Situationskomik aufgefahren wird: Frauenfußball und Männerklischees, östliche und westliche Sitten, Kinder und Eltern – hier prallt zusammen, was zusammenprallen muss.

Für die junge London-Inderin Jess (Parminder Nagra) gibt es nur einen Mann im Leben: den Posh-Spice-Gatten und Freistoßgott David Beckham. Nur einen? Da ist auch noch ihr Vater (Anupam Kher). Der steht immer wieder kopfschüttelnd in ihrem Zimmer und fragt sich, was seine Tochter nur an diesem „Skinhead“ findet.

Die fußballverrückte Jess trifft sich jeden Tag heimlich mit den Boys im Park, um dort zwischen leichtbekleideten Männerbeinen umherzudribbeln. Dabei wird sie nicht nur von Jules (Keira Knightley) beobachtet, die sie alsbald für ihr Frauenteam gewinnen möchte, sondern auch von ihrer Mutter. Und das geht gar nicht! Sofort wird eine Krisensitzung im Hause Bhamra anberaumt und ein für alle Mal klargestellt: Jess darf nicht mehr kicken, weil sich das für ein anständiges indisches Mädchen einfach nicht ziemt. Was würden denn bloß die zukünftigen Schwiegereltern von Schwester Pinky denken? Nichts Gutes, wie sich schnell erweist.

Jules selbst hat auch ein Problem mit ihrer Leidenschaft für das Leder, das die Welt bedeutet: ihre Mutter (Juliet Stevenson). Diese hält Frauenfußball nämlich für einen Hort heranwachsender Lesben – nicht, dass sie etwas gegen die hätte, natürlich – aber sie versucht verzweifelt, ihre Tochter mit Push-up-Bra und klugen Sprüchen vom Fußball fernzuhalten.

Die jungen Damen kümmern sich aber nicht um die Ermahnungen und Verbote: Jess lässt sich von Jules überreden, mal bei den Hounslow Harriers zum Training vorbeizukommen. Dort findet Jungtrainer Joe (Jonathan Rhys Meyers) nicht nur Gefallen an den Ballkünsten des Neuzugangs, sondern – langsam – auch an der Künstlerin selbst. Jess hat jetzt Probleme: uneinsichtige Eltern und eine eifersüchtige Freundin. Damit beginnt die aufregende zweite Halbzeit.

Diese spielt zum Teil auch in Hamburg, denn Kick it Like Beckham wurde von der Hamburger Filmförderung unterstützt, und da muss die Stadt in ein ansprechendes Licht gerückt werden. Anlässlich eines Turniers in Eimsbüttel gastieren die Spielerinnen im noblen Steigenberger und machen eine pittoreske Alsterrundfahrt: gelebte Tourismus-Förderung.

Dann verlieren sie gegen die Deutschen im Elfmeterschießen: So geht britischer Humor. Zielsicher wie ein Beckham-Freistoß steuert der Film auf ein Happy-End zu. Das kann angesichts der vielen Reibungspunkte ein wenig zu einfach erscheinen – so war die wegen der ähnlichen Thematik immer wieder als Vergleich herangezogene Einwanderer-Komödie East is East etwas vielschichtiger. Aber schließlich möchte Kick it Like Beckham nichts anderes sein als ein Feelgood-Movie.

Nicht nur die sehr elegante und rasante Sequenz, in der von Pinkys tobender Hochzeitsgesellschaft zu dem Entscheidungsspiel, bei dem es um Jess und Jules‘ Zukunft geht, hin- und hergeschnitten wird, belegt, wie gut das gelungen ist. Ob Amerikaner über eine Situation lachen können, in der mit Senfglas und Salzstreuer die Abseitsregel erklärt wird, ist schwer zu beurteilen. Die Briten können es, und die Deutschen wohl auch.

heute (in Anwesenheit von G. Chadha u.a.), 19.30 Uhr + Sa, 17.15 Uhr, Cinemaxx; offizieller Start 3. Oktober