Ausland greift in Elfenbeinküste ein

Frankreich, die USA und Nigeria haben Kampftruppen in Westafrikas jüngstes Bürgerkriegsland geschickt. Was sie neben der Evakuierung westlicher Ausländer außerdem machen, ist unklar. Die Regierung kontrolliert nur noch die Hälfte des Landes

von DOMINIC JOHNSON

Französische Soldaten haben 194 vor allem nordamerikanische Schulkinder und ihre Lehrer aus einer Missionsschule in der umkämpften Stadt Bouaké im Zentrum der Elfenbeinküste herausgeholt und sie am Mittwochabend in die 100 Kilometer entfernte Hauptstadt Yamoussoukro gebracht. Dort sollten sie gestern eigens aus Ghana entsandten US-Einheiten übergeben werden. Die französischen Truppen waren am Mittwochmorgen in das 500.000 Einwohner zählende Bouaké eingerückt, das seit dem 19. September von rebellierenden Militärs kontrolliert wird. „Auf Bitte der US-amerikanischen Behörden“ habe man die Schulkinder in Sicherheit gebracht, sagte in Paris der französische Generalstab.

Gestern Mittag begannen die französischen Truppen, weitere westliche Ausländer aus der Stadt zu bringen. Sie hätten dafür einen Waffenstillstand zwischen den Rebellen in Bouaké und der unweit der Stadt kampierenden Regierungsarmee ausgehandelt, hieß es von französischer Seite. Frankreich hatte am vergangenen Sonntag sein 600 Mann starkes Truppenkontingent in der Elfenbeinküste um 200 Soldaten verstärkt, um westliche Ausländer zu schützen.

Warum jetzt auch die USA etwa 200 Angehörige der „Special Forces“ nach Yamoussoukro geflogen haben, blieb auch gestern unklar. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte am Mittwoch, man sehe „keine Bedrohung“ der US-Amerikaner in der Nähe der Kampfzone. Und auch nachdem die US-Schüler von Bouaké nach Ghana ausgeflogen worden sind, sollen die US-Spezialeinheiten in der ivoirischen Hauptstadt bleiben.

Die Unklarheit über Ausmaß und Sinn der verschiedenen ausländischen Militärinterventionen in der Elfenbeinküste vergrößerte sich am Mittwochabend mit der Ankunft dreier Kampfflugzeuge und eines Truppentransporters aus Nigeria auf dem Flughafen der Wirtschaftsmetropole Abidjan. „Die nigerianische Armee hat damit nichts zu tun“, sagte dazu zunächst Nigerias Armeesprecher Chukwuemeka Onwuamaegbu und behauptete, möglicherweise handele es sich um nigerianische UN-Blauhelme aus Sierra Leone, die in der Elfenbeinküste Urlaub machten. Gestern sagte ein anderer Armeesprecher, Ibrahim Kure, es handele sich doch um eine offizielle Truppenentsendung. „Ich kann nicht sagen, was sie da machen“, führte er aus.

Nigeria sowie Ghana und Togo hatten der Regierung der Elfenbeinküste zu Wochenbeginn ihre Unterstützung zugesagt. Die ivoirische Regierung macht das Nachbarland Burkina Faso sowie Söldner aus Liberia und Sierra Leone für die Militärrebellion verantwortlich, die am Donnerstag vergangener Woche zwar in Abidjan scheiterte, aber in mehreren Städten des Nordens erfolgreich war. Inzwischen ist die Elfenbeinküste faktisch zweigeteilt. Nördlich von Bouaké ist das Land nicht mehr unter Regierungskontrolle.

Ob ausländische Truppen der Regierungsarmee gegen die Rebellen zu Hilfe kommen sollen, ist nicht klar. Die Franzosen zerstörten bei ihrem Einmarsch in Bouaké Verteidigungsstellungen der Rebellen, was einer eventuellen Offensive der Regierung den Weg erleichtern würde. „Frankreich jetzt auf Seiten der Armee“, titelte gestern das Organ der Regierungspartei FPI, Notre Voie.

Bouaké wäre das erste und schwierigste Ziel für die Regierung auf dem Weg in den Norden. Ihre bisherigen Versuche, Bouaké einzunehmen, sind alle gescheitert, waren aber offenbar sehr blutig. Mindestens 100 Tote zählten Journalisten in Bouaké gestern in der städtischen Leichenhalle nach schweren Kämpfen in den vergangenen Tagen. In der Militärakademie, wo es am Dienstag schwere Kämpfe gab, wurden 112 Tote gezählt. Das Rote Kreuz hat zahlreiche nackte Leichen mit Schusswunden am Stadtrand gefunden.

Zugleich wird berichtet, Ausländer – vor allem aus Burkina Faso – seien aus Bouaké auf der Flucht, um Pogromen nach einer eventuellen Einnahme der Stadt durch die Regierung zuvorzukommen. Burkina Faso wird von Regierungsseite als Drahtzieher der Rebellion beschuldigt.