Der IWF umarmt seine Kritiker

Fondschef Horst Köhler plädiert im Vorfeld der Jahrestagung von IWF und Weltbank für stärkere Lenkung der Globalisierung. IWF bleibt hart gegenüber Argentinien: Vorerst keine neuen Kredite, lediglich Hilfe zur Rückzahlung alter Verbindlichkeiten

aus Washington NICOLA LIEBERT

Der Internationale Währungsfonds (IWF) umwirbt seine Gegner. „Wir teilen viele Ihrer Sorgen über Globalisierung“, sagte IWF-Direktor Horst Köhler auf einer Pressekonferenz im Vorfeld der Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds.

Der Chefökonom des Fonds, Kenneth Rogoff, warf den Demonstranten unterdessen vor, sie hätten ein falsches Feindbild. „Wenn Sie nur zuhören würden, würden Sie wahrscheinlich erkennen, dass wir einige Ihrer Ideen darüber teilen, wie man den Prozess der Globalisierung verbessern sollte. Sie würden vielleicht sogar erkennen, dass Sie einige unserer Ideen teilen.“

Gegenüber einer Runde deutscher Journalisten sagte Köhler, der selbst Deutscher ist, man müsse die Globalisierung stärker gestalten, „sodass sie zum Nutzen aller ausfällt und nicht vorwiegend die Menschen in den reichen Ländern davon profitieren. Sonst läuft die ganze Globalisierung gegen die Wand.“ Diejenigen Länder, die auf Öffnung, Demokratisierung und eine gesunde Wirtschaftspolitik setzten, müssten ein „Sicherheitsnetz“ bekommen, das sie im Falle externer Schocks auffängt.

Als Beispiele für derartige Schocks nannte er das Platzen der Technologieblase in den USA und die Buchführungsskandale bei einer Reihe Unternehmen, durch die plötzlich viele Banken klamm geworden seien. Das Geld fehlt den ärmeren Ländern, und hier sei die Hilfe des IWF gefragt.

Das Unabhängige Evaluierungsbüro, das seit letztem Jahr die Arbeit des IWF begutachten soll, hatte jüngst in seinem ersten Bericht aber gefordert, dass der Fonds wesentlich selektiver bei der Vergabe von Krediten sein solle.

Köhler erklärte jetzt, der IWF arbeite daran, konkrete Regeln zu setzen, wann ein Land außergewöhnlich hohe Hilfszahlungen bekommen soll – so wie Brasilien, das Anfang des Monats einen Rekordkredit von rund 30 Milliarden Euro erhielt. „Ausnahmen müssen Ausnahmen bleiben“, so Köhler. Der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank im kommenden April sollen Vorschläge vorgelegt werden, wie solche Ausnahmen zu definieren sind.

Im Fall Argentinien zeigte sich Köhler jedoch weitgehend unnachgiebig. „Wir wollen einen Weg finden, Argentinien zu helfen, aber wir brauchen vorher ein Mindestmaß von soliden Stabilisierungsvereinbarungen.“ Lediglich neue Kredite, mit denen bereits bestehende Verbindlichkeiten eingelöst werden können, hält Köhler „nicht für undenkbar.“

Der für harsche Worte durchaus berüchtigte IWF-Chef fügte hinzu, dass dafür in der argentinischen Gesellschaft und Politik die „notwendige Kohäsion“ fehle. Bevor man über kurzfristige Finanzhilfe nachdenken könne, müsse Argentinien es schaffen, seine Geldmenge und den Abfluss von Geld ins Ausland sowie seine Ausgaben unter Kontrolle zu bekommen. Köhler wird am Montag in Washington mit dem argentinischen Wirtschaftsminister Roberto Lavagna zusammentreffen.