„Wir haben ja gedacht, wir kriegen den Arsch voll“

Regisseur Andreas Dresen und Gabriela Maria Schmeide über ihren Film „Halbe Treppe“, der Donnerstag zum Schauburg-Jubiläum anläuft

Mit solch einem Film, zudem noch aus Deutschland, hatte wohl niemand gerechnet: Vor einiger Zeit war die Bremer Schauspielerin Gabriela Maria Schmeide als Titelheldin in Andreas Dresens „Die Polizistin“ zu bewundern, und auch in dessen neuen Film „Halbe Treppe“ spielt sie wieder eine Hauptrolle. Gezeigt wird der Alltag von zwei Ehepaaren in Frankfurt an der Oder, die sich in der Imbissbude treffen. Dresen improvisierte weitgehend mit seinem Ensemble, und fing die Tristesse der Plattenbauten in den neuen Bundesländern mit einem wunderbaren Gespür für das stimmige Detail ein. Doch der Film ist alles andere als deprimierend.

taz: Herr Dresen, Sie enttäuschen ja aufs Schönste die Erwartungen, die man bei einem Film aus Frankfurt an der Oder hat. War es eine bewusste Entscheidung, dass sie die Menschen dort mal nicht nur lustlos und resigniert zeigen wollten, oder haben Sie bei den Improvisationen vor der Kamera soviel Spaß, dass Sie dann dachten, die Lacher darf man den Zuschauern nicht vorenthalten?

Dresen: Ich hatte mir schon gedacht, dass es kein grauer, trauriger Film werden sollte, kein schweres Sozialdrama. Es sollte eher etwas Märchenhaftes haben.

Schmeide: Als erstes hatten wir uns ja alle zusammen an einen Tisch gesetzt und uns gegenseitig die peinlichsten Geschichten erzählt, die uns je passiert sind. Wir hatten also von Anfang an viel Spaß.

Dresen: Und durch die Arbeitsweise, nämlich digital auf Video und mit kleinem Team, neigt man auch dazu, sich auf eine andere Weise zu befreien. Wir haben da auch nur so aus Dafke Szenen gedreht und die Kamera einfach so laufen lassen: Kostet ja nichts, und nachher hatten wir dann 70 Stunden Film aufgenommen. Und so sind die beste Sachen eher en passant entstanden.

Dany Levi, der hier auch gerade seinen Film „Väter“ vorgestellt hat, musste ganz ohne Fördergelder arbeiten, weil sein Drehbuch den Gremien zu abseitig erschien. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man dort ihre 11 Seiten Szenenskizzen mit mehr Wohlwollen ansah.

Dresen: Nee, wir haben das ausschließlich mit Preisgeldern gemacht. Mein Film „Nachtgestalten“ hat den deutschen Filmpreis gewonnen, das sind 850.000 Mark. Damit haben wir uns den Luxus geleistet, solch eine Arbeitserfahrung zu machen. Das wäre mit fremdem Geld viel schwieriger gewesen. Man steht gleich unter viel größerem Erfolgsdruck, wenn man das Geld von anderen ausgibt. Da ist man dann nicht so experimentierfreudig und mutig. Wir wollten uns den Traum erfüllen, mal auf eine ganz andere Art zu produzieren, weil mich dieser große aufgeblähte Apparat beim Drehen immer gestört hat. Wir wollten versuchen, mit einer kleinen Gruppe von Freunden eine gute Zeit zu haben und neue Dinge zu erobern.

Frau Schmeide, ist der Film jetzt so, wie Sie ihn sich beim Drehen vorgestellt haben, oder war das Ergebnis dieser Gemeinschaftsarbeit eine Überraschung für Sie?

Schmeide: Wir haben ja gedacht, wir kriegen den Arsch voll, und ich muss gestehen, dass ich, als ich den Film zum ersten Mal nur zusammen mit demTeam gesehen habe, rausgegangen bin und mich geschämt habe. Selbst da habe ich noch gedacht, der sei furchtbar und wie ich aussehe, alles so echt und so weiter. Später habe ich ihn mit „normalen“ Menschen gesehen, die zum ersten Mal draufguckten, und erst da habe ich gelernt, ihn zu genießen. Und ich freu mich so sehr, wenn der Film den Leuten gefällt, denn da ist auch ein Stückchen von mir mit dabei.

Interview: Wilfried Hippen

„Halbe Treppe“ läuft ab Donnerstag im Filmstudio