Geldtausch in Afghanistan

Die Afghanen haben eine neue Währung, doch das neue Geld ist selbst in der Hauptstadt schwer zu bekommen, in weiten Teilen des Landes ignorieren Warlords die Bemühungen der Zentralregierung, die neue Währung in Umlauf zu bringen

aus Kabul PETER BÖHM

Die Menge in der Innenstadt von Kabul will in die Pashtany Tejaraty Bank, aber die Polizisten lassen sie nicht durch. „Ich stehe hier schon seit Tagen“, beschwert sich Muhammad Najeem lautstark. Wie die 200 Menschen um ihn herum will er hinein, um das fußballgroße Bündel alter Geldscheine, von denen die großen Scheine nur wenige Cents wert sind, in neue Afghanis umzutauschen. Als die Wachen eine Gruppe Frauen durchs Tor lassen, geht ein Aufschrei durch die Menge. „Sehen sie“, sagt Najeem aufgebracht, „nur die Leute mit Verwandten in der Bank werden durchgelassen.“

Eine Woche nachdem die afghanische Zentralbank offiziell den neuen Afghani eingeführt hat, ist die neue Währung selbst in der Hauptstadt Kabul noch immer knapp. Die Währungsumstellung, mit der die Regierung endlich die Geldpolitik im Land in den Griff bekommen will, kommt nur schleppend voran. Die neuen Scheine werden übrigens vom Münchner Wertpapierunternehmen Giesecke & Devrient gedruckt.

Drei Sorten alter Afghanis werden durch das neue Geld mit einem Schlag abgeschafft, die verschiedene Regierungen und Warlords über die Jahre drucken ließen. Zwar werden die Menschen zwei Monate lang Zeit haben, ihre alten Scheine umzutauschen, aber niemand traut der Regierung. Das wilde Gerücht geht um, schon früher seien die alten Afghanis nichts mehr wert. Deshalb stehen die Menschen lieber vor den Banken Schlange oder wechseln auf dem Schwarzmarkt, obwohl dort der Kurs um zehn Prozent schlechter ist.

Die vielen Probleme kennt natürlich auch der Gouverneur der afghanischen Zentralbank Anwar-ul-Haq Ahadi, und er weiß auch über das Misstrauen der Menschen gegenüber der neuen Währung. In einem Land, in dem so gut wie nichts produziert wird und das fast völlig auf internationale Hilfe angewiesen ist, da müsse zumindest die Währung für etwas Stabiltität sorgen. Dass dies gelingen werde, davon ist Ahadi überzeugt: „Die Einnahmen aus Steuern in unserem Haushalt sind zwar zu vernachlässigen, und von den Zollabgaben kommt so gut wie nichts zu uns nach Kabul durch, doch die Regierung kann ein Ziel zumindest verwirklichen, und das heißt, darauf zu achten, dass ihr Budget nicht durch exzessives Gelddrucken finanziert wird. Und deshalb brauchen wir den neuen, fälschungssicheren Afghani als einzige Landeswährung.“

Afghanistans Präsident Hamid Karsai hat sich auf einer Geberkonferenz am Wochenende in Kabul kürzlich wieder beschwert, dass von den für dieses Jahr versprochenen 1,8 Milliarden Dollar an internationaler Hilfe bisher nur 890 Millionen im Lande selbst angekommen seien. Und davon gingen wiederum 800 Millionen an die UNO und andere Nichtregierungsorganisationen, dem afghanischen Budget dagegen kämen nur noch 90 Millionen zugute. Das könne jedoch auf die Dauer dramatische Folgen haben. Denn die Regierung hat schon jetzt vielen Staatsbediensteten seit Monaten keinen Lohn mehr bezahlt, und andere Einnahmen für den Haushalt sind auch nicht in Sicht. Der Warlord Ismael Khan, der die Region um Herat, das Gebiet an der iranischen Grenze, kontrolliert, hat nach Karsais Angaben inzwischen gerade einmal fünf Millionen US-Dollar an Zolleinnahmen nach Kabul überwiesen. Experten glauben jedoch, dass das nur ein Bruchteil der monatlichen Zolleinnahmen durch die Importe aus dem Iran sein können. Und auch Warlord Raschid Dostum, der den Nordwesten kontrolliert und stellvertretender Verteidigungsminister in Karsais Kabinett ist, hat lediglich die symbolische Summe von 100.000 Dollar überwiesen. Das soll angeblich sein Anteil an den Zolleinnahmen an der usbekisch-afghanischen Grenze sein.

Vor dem Hintergrund solcher Probleme dürften Schwierigkeiten und Verzögerungen bei der Einführung des neuen Afghani eine der kleinsten Sorgen der Regierung unter Premier Karsai werden.