Nichts dazugelernt

Nach der Intendanten-Farce bescheren die Proporzpolitiker dem ZDF die zweite Schlappe und blockieren die Wahl des neuen Programmdirektors

von STEFFEN GRIMBERG

„Resolute Gärtnerin wehrt sich gegen skrupellosen Baulöwen“, säuselte einem gestern die Warteschleife des Zweiten Deutschen Fernsehens ins Ohr – das so angepriesene Rührstück heißt „Kleeblatt küßt Kaktus“ und läuft am Sonntag.

Schon heute muss sich der nach außen nicht ganz so resolut auftretende ZDF-Intendant Markus Schächter skrupelloser Medienpolitiker erwehren. Sie blockieren aller Voraussicht nach die eigentlich für den frühen Nachmittag angesetzte Wahl eines neuen Programmdirektors für Europas größte Fernsehanstalt. Küsse sind dabei so gut wie ausgeschlossen.

Dabei gibt es einen Kandidaten, den der Intendant, der früher selbst Programmdirektor war, sofort vorschlagen könnte. Der zudem in- und außerhalb des ZDF höchste Anerkennung genießt und den Job auch wirklich möchte. Die Rede ist von Hans Janke, bislang stellvertrender Programmdirektor und derzeit – so dachte man bisher – als kommissarischer Programmdirektor sein eigener Platzhalter.

Doch der Intendant wird sich hüten: Janke steht in der politischen Farbenlehre der Parteisoldaten im ZDF-Verwaltungsrat auf der „roten“ Seite. Dass niemand Janke direkte SPD-Nähe, geschweige denn die Mitgliedschaft in überhaupt irgendeiner Parte nachzuweisen vermag, ändert daran nichts: Trotz letzter Umstimmungsversuche am Rande der derzeit laufenden Münchner Medientage hat Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) Markus Schächter wissen lassen, ein Programmdirektor Janke sei mit ihm nicht zu machen. Stoiber ist Mitglied im Verwaltungsrat – wie seine CDU-Amtskollegen Bernhard Vogel (Thüringen) und Roland Koch (Hessen), die ebenfalls auf eine unionsnahe Lösung pochen. Unterstützung soll auch von Parteichefin Angela Merkel signalisiert worden sein – schließlich kann nach der Bundestagswahl nicht gleich die nächste Schlacht verloren gegeben werden. Im 14-köpfigen Gremium herrscht so eine solide Pattsituation: Sieben Stimmen, heißt es, werden der Janke-Seite zugerechnet. Die anderen sind dagegen. Und der zuständige ZDF-Staatsvertrag sieht zu allem Überfluss eine Dreifünftelmehrheit vor.

Schwere Schäden

„Die Interessen des Senders spielen doch gar keine Rolle mehr“, sagt ein ZDF-Mitarbeiter, auch Schächter habe jetzt keinerlei Spielraum. Ein Intendant, der mit seinem Personalvorschlag für den neben der Chefredaktion wichtigsten Senderposten durchfällt, wäre in der Tat schwer beschädigt. Nur: Auch und gerade wenn er nicht weiter offensiv für Janke eintritt und sich auf eine von der CSU akzeptierte Lösung einlässt, heißt der Verlierer – Schächter.

Vom ZDF mal ganz abgesehen: „Schächter hat in jedem Detail Recht“, sagt ein mit den anstehenden Personalien Vertrauter. Doch das Paket, das weit über die Position des Programmdirektors hinausgeht, scheint jetzt schon gescheitert zu sein. Dabei wären angesichts der angespannten Finanzlage des ZDF rasche Entscheidungen gefordert, „schon jetzt ist zu viel zu lange liegen geblieben“.

Und da war ja auch noch die Intendantenwahl selbst, bei der Schächter erst im dritten Anlauf nach dreistem politischem Ränkespiel durchkam. Die erneute Farce kaum sechs Monate später ist nach mancher Lesart aufs Engste mit der damaligen Blamage verknüpft: Im März nämlich habe sich die Union ihre Zustimmung zu Schächter nur abringen lassen, weil ihr im Gegenzug eine „schwarze“ Lösung in Sachen Programmdirektion versprochen worden sei.

Für ebendiese stehen offenbar gleich zwei Kandidaten bereit: Der stellvertretende ZDF-Chefredakteur Helmut Reitze und der derzeitige Innenpolitikchef Thomas Bellut. Obwohl Bellut vom Rang her hinter Reitze steht, hätte er wohl die besseren Karten: Reitze nämlich soll heute zum Intendanten des Hessischen Rundfunks gekürt werden. Bei der ARD-Anstalt sind die politischen Verhältnisse eben geklärt. Beim ZDF findet weiterhin das statt, was Hans Janke einmal als Königsdiziplin für Qualitäts-TV ausmachte: „Drama. Und zwar hausgemachtes.“

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