Modellieren, deklamieren, musizieren

Kunst oder Kabarett, Mode oder Mediendesign: Die vier Berliner Kunsthochschulen bieten das etwas andere Studium. Wer die Hürde der Aufnahmeprüfung überwindet, darf sich über den ersten künstlerischen Ritterschlag freuen

Es wird gehämmert, skizziert und modelliert. Es wird gesungen, getanzt und deklamiert. Natürlich gibt es auch Vorlesungen und Bibliotheken; ohne Büffeln kommen auch Studierende an einer Kunsthochschule nicht zum Examen. Vier Hochschulen mit künstlerischer Ausrichtung gibt es in Berlin, und schon bei der Bewerbung für einen Studienplatz zeigen sich die Unterschiede zu den klassischen Ausbildungsstätten für Juristen oder Ingenieure. Was sich nämlich viele Unis wünschen – aussagekräftige Auswahlverfahren zur Ermittlung der Fähigkeiten von Bewerbern –, ist an den Kunsthochschulen längst gang und gäbe.

Künstlerische Begabung

Wer Malerei, Bildhauerei oder Design studieren will, muss zunächst eine Mappe einreichen, aus der eine „außergewöhnliche künstlerische Begabung“ abgeleitet werden kann. Auch angehende Musiker und Schauspieler müssen sich einem anspruchsvollen Bewerbungsritual unterziehen. Erst wer sich über mehrere Runden im Vorsprechen und Vorspielen bewährt hat, darf sich einschreiben.

Die Universität der Künste (UdK) ist von den vier Berliner Kunsthochschulen die mit Abstand größte. Mehr als 4.200 Studierende sind an vier Fakultäten eingeschrieben. Das Studienprogramm ist in Bildende Kunst, Musik, Gestaltung und Darstellende Kunst eingeteilt. Dahinter verbergen sich oft ungewöhnliche Studienangebote. Im Bereich Darstellende Kunst gibt es etwa den Studiengang Szenisches Schreiben. Als Wahlfach hierzu wird Kabarett angeboten – unterrichtet von Richard Rogler, einem der pointensichersten Politkomiker der Republik.

Das Studienangebot im Fach Gestaltung ist Beleg dafür, dass an einer Kunsthochschule mehr unterrichtet wird, als man zum Überleben im Elfenbeinturm benötigt. Denn hier werden die Fächer Electronic Business, Industrial Design und Visuelle Kommunikation unterrichtet. Auch in anderer Hinsicht ist die Westberliner Kunstuni wegweisend: Der neue Aufbaustudiengang zum Master für Kulturjournalismus ist gebührenpflichtig.

Die drei anderen Kunsthochschulen befinden sich allesamt auf Ostberliner Terrain:

Die Musikhochschule Hanns Eisler am Gendarmenmarkt, die Schauspielschule Ernst Busch in Niederschönhausen sowie die Kunsthochschule Weißensee sind vom Zuschnitt her viel bescheidener als die große UdK. Sie alle haben ihre Eigenheiten. Wer in Weißensee etwa Design studieren will, muss sich zunächst – ganz im Sinne des Bauhauses – einem einjährigen künstlerischen Grundlagenstudium unterziehen. Die Schauspielschule Ernst Busch unterhält mit dem bat-Studiotheater einen eigenen Aufführungsort, an dem Studierende im Fach Schauspielregie ihre Arbeiten der Öffentlichkeit vorstellen können.

Öffentliche Bewährung

Die Präsentation der Werke von Studierenden in der Berliner Kulturszene ist fester Bestandteil der Ausbildung an allen vier Einrichtungen. Die jungen Künstler und Designer müssen also nicht nur vor ihren Professoren bestehen, sondern sich in Ausstellungen oder Konzerten auch vor der kritischen Öffentlichkeit beweisen. Das nächste Großprojekt der Musikhochschule Hanns Eisler ist beispielsweise die Aufführung der Oper „Albert Herring“ von Benjamin Britten. Bei der Premiere am 31. Oktober kann man sich selbst ein Bild machen.

ANDREAS RÜTTENAUER