Felder liegen brach, Exporte fallen aus

Aufgrund der Landbesetzungspolitik ist Simbabwes Landwirtschaft zusammengebrochen. Opposition und Nachbarstaaten sind ratlos

JOHANNESBURG taz ■ Die Lage der Landwirtschaft in Simbabwe ist verheerend. Nur noch schätzungsweise 600 der einst 4.500 kommerziellen weißen Farmer des Landes arbeiten auf ihren Ländereien; 3.200 seien in die Städte gezogen und 400 hätten das Land verlassen, bilanziert die unabhängige Wochenzeitung Financial Gazette unter Berufung auf den Farmerverband CFU.

Die Tabakernte – Simbabwe ist der größte Tabakexporteur der Welt – hat im September begonnen, aber die zurückgebliebenen Farmer waren nur in der Lage, etwa 15 Prozent der Felder im Vergleich zum letzten Jahr zu bestellen. Simbabwe könne froh sein, wenn die Ernte im nächsten Jahr 60.000 Tonnen Tabak bringen würde, meint CFU-Direktor David Hasluck. Vor den gewaltsamen Besetzungen produzierte die Tabakindustrie 237.000 Tonnen im Jahr und galt als größter Devisenbringer des Landes – unverzichtbar zur Deckung von Importen an Strom, Benzin sowie des Grundnahrungsmittels Mais, dessen Ernte aufgrund der Landbesetzungen und einer Dürre dieses Jahr um 60 Prozent niedriger ist als sonst. Die Hälfte der simbabwischen Bevölkerung ist nach UN-Schätzung von Hunger bedroht.

Jenni Williams, Sprecherin der Farmer-Lobbygruppe „Justice for Agriculture“ (JAG), bestätigt, das die vertriebenen Farmer weiter vor Gericht für ihr Recht kämpfen wollen. Es gehe ja nicht nur um einige tausend weiße Farmer und ihre Familien, sondern um etwa 1,5 Millionen Menschen, die als Farmarbeiter und deren Angehörige auf dem enteigneten Land lebten und von den Besatzermilizen vertrieben worden oder von Vertreibung bedroht sind. Die JAG will vor Gericht nachweisen, dass viele Landbesetzungen illegal sind, und gleichzeitig Unterstützung im Ausland suchen, besonders bei Politikern und Bürgerrechtlern in Südafrika. Das sei der einzige Weg, mehr Druck auf Simbabwes Regierung auszuüben, meint sie. „Es geht um mehr als um eine Stimmzettelabgabe bei Wahlen – es geht um den Respekt vor Grundbesitz“, sagt Jenni Williams. „Dieses Bewusstsein fehlt.“ Zudem wüssten die neuen Siedler auf den enteigneten Farmen nichts von kommerzieller Landwirtschaft. Sie erhielten keine Kredite ohne Eigentumsurkunde, die Regierung habe ihnen keine Unterstützung gegeben, und die Krise des Landes lässt die Saatgutpreise in die Höhe schnellen. Das Ergebnis: Das enteignete Land liegt brach, anstatt Landlose zu ernähren.

Die politische Opposition in Simbabwe scheint demgegenüber ratlos. Die wichtigste Oppositionspartei „Bewegung für Demokratischen Wandel“ (MDC) tut sich schwer, nach den mit Gewalt und Fälschung von der Regierungspartei gewonnenen Wahlen vom März wieder aus der Versenkung aufzutauchen. Angekündigte Massenproteste blieben damals aus. Jetzt setzt die MDC darauf, die Politik der Regierung vor Gericht anzufechten und nicht auf der Straße. „Es ist vielleicht nicht der prächtigste Plan, aber wir wollen keine Gewalt“, sagt MDC-Justizsprecher David Colthart. „Niemand hätte unsere Proteste bei den Repressionen der Regierung unterstützt, besonders nicht der Westen. Dieses Regime ist brutaler als das von Milošević, aber niemand würde hier militärisch eingreifen.“

Nach Meinung von Lovemore Madhuku, Leiter der „National Constitutional Assembly“ (NCA), ein Verbund von Bürgerrechtsgruppen, sind viele Simbabwer über die Opposition enttäuscht. „Veränderung kann aber nur von den Simbabwern selbst kommen“, sagt er. So sieht es auch Südafrikas Präsident Thabo Mbeki, der sich dagegen wehrt, in die Rolle des Retters für das instabile Nachbarland gedrängt zu werden. Gespräche Südafrikas mit der Mugabe-Regierung – zum Beispiel über die Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit zusammen mit der MDC – finden abseits der Öffentlichkeit statt, doch diese „stille Diplomatie“ erzielt keine Ergebnisse. Während die Europäer und Amerikaner scheinbar gewillt sind, die Daumenschrauben gegenüber Simbabwe stärker anzuziehen, äußern afrikanische Staaten lediglich ihre Besorgnis über die Lage und halten sich mit konkreten Schritten zurück. „Die afrikanischen Staaten wollen sich nicht gegenseitig verurteilen“, glaubt Moletsi Mbeki, Vorsitzender des südafrikanischen Instituts für Internationale Angelegenheiten und Bruder des südafrikanischen Präsidenten.

MARTINA SCHWIKOWSKI